Das unmögliche Wasser auf dem frühen Mars

MARS SCIENCE Die Kamera funktioniert, aber das zentrale Labor an Bord der Curiosity kann nicht genutzt werden, weil der Gesteinsbohrer nicht funktioniert.ACTIVITIES
MARS SCIENCE Die Kamera funktioniert, aber das zentrale Labor an Bord der Curiosity kann nicht genutzt werden, weil der Gesteinsbohrer nicht funktioniert.ACTIVITIES(c) APA/EPA/NASA/JPL-Caltech/MSSS/HANDOUT (NASA/JPL-Caltech/MSSS/HANDOUT)
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Jüngste Funde des Rovers Curiosity spitzen ein altes Paradoxon zu: Auf dem Mars gab es flüssiges Wasser – aber es war nie warm genug dafür. Künftige Funde werden von einer technischen Panne bedroht.

Seit August 2012 ist der Nasa-Rover Curiosity auf dem Mars, im Gale-Krater, aus dem der 5,5 Kilometer hohe Mount Sharp ragt. An dem hinauf kriecht er, in Gelände, das vermutlich immer spannender wird, und für dessen chemische Erkundung er ein eigenes Labor an Bord hat. Bisher hat man das aufgespart, aber just jetzt, wo man es brauchen könnte, zeigt die Technik Tücken: Der Bohrer, mit dem Gesteinsproben eingeholt werden sollen, ist derzeit kaputt.

Zuletzt brauchte man ihn nicht, die Fotos der Kameras zeigten scharf genug, dass es einmal flüssiges Wasser gegeben hat: Das sah man an Schichten, die wie eingetrockneter Schlamm wirkten. Zuvor war Curiosity über Sedimente eines längst verschwundenen Sees gerollt. Den kann es nur nicht gegeben haben: Curiosity hat mit anderen, funktionsfähigen Analyseinstrumenten vergeblich nach Karbonaten Ausschau gehalten.

Deren Fehlen ist ein altes Rätsel: Heute ist der Mars viel zu kalt für flüssiges Wasser, aber man vermutet, dass er es vor 3,5 Milliarden Jahren hatte. Damals aber hatte die Sonne nur 70 Prozent ihrer heutigen Leuchtkraft – „faint young sun“ –, der Mars müsste in der Atmosphäre viel CO2 gehabt haben. Das bildet, mit verschiedensten Elementen im Wasser, Karbonate. Aber Karbonate gibt es nicht auf dem Mars, zumindest hat man mit Sonden, die ihn umkreisen, keine gesichtet.

Und Curiosity ist nun auch auf kaum etwas gestoßen, und das in den Gesteinen, die aussehen wie Sedimente. Ihre Karbonate deuten auf CO2-Gehalte, die zwei Größenordnungen geringer waren als zum Wärmen erforderlich (Pnas 6. 2.): „Bisher war es ein Mysterium, warum man aus dem Orbit nicht viele Karbonate gefunden hat, aber man konnte sagen, man muss im Boden nachsehen“, resümiert Thomas Bristow (Nasa): „Die Befunde von Curiosity spitzen das Paradoxon nun zu. Es ist das erste Mal, dass wir Karbonate in Gesteinen gesucht haben, von denen wir wissen, dass sie Sedimente waren.“

Vielleicht sehen sie doch nur so aus. Vielleicht waren statt CO2 andere Treibhausgase am Werk. Eine Gruppe um Robin Woodsworth (Harvard) setzte gerade auf Methan, das temporär in großen Mengen da gewesen sein soll (Geophysical Research Letters 21. 1.). Aber wie es entstanden sein soll – es müsste geogen gewesen sein, war ja die Bedingung für mögliches Leben –, ist in diesem Szenario ebenso ungeklärt wie sein späteres Verschwinden.

Zusatzproblem: Kontaminationsgefahr

Gab es also flüssiges Wasser, gab es Leben? Zur endgültigen Klärung trägt Curiosity neun Edelstahlbehälter in sich, die mit Lösungsmitteln gefüllt sind. Darin soll „nasse Chemie“ betrieben werden. Trockene praktiziert man mit anderen Analysegeräten schon länger, man hat auch Hinweise etwa auf degradierte Fettsäuren gefunden. Aber die können auch Kontamination sein – von der Erde mitgebracht –, und Spuren anderer organischer Moleküle könnten etwa aus Vulkanen stammen. Klarheit schaffen könnten nur die bisher ungenutzten Geräte. Aber der Gesteinsbohrer lässt sich nicht mehr bewegen (Science 355, S. 444).

Die Nasa hat gute Tüftler, vielleicht kann auch der Greifarm von Curiosity aushelfen. Aber selbst, wenn es gelingt und wenn sich etwas findet, bleibt eine große Unsicherheit: Curiosity hat noch etwas von der Erde mitgebracht, nach Nasa-Schätzungen waren beim Start 20.000 bis 40.000 Bakteriensporen mit an Bord, hitzeresistente.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2017)

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