Deutscher Rekord-Exportüberschuss lässt Konflikt mit USA erwarten

APA/dpa/Frank Rumpenhorst
  • Drucken

Die deutsche Wirtschaft sorgte im Vorjahr für einen Außenhandelsüberschuss in Höhe von 253 Milliarden Euro. Das wird den Konflikt mit den USA und innerhalb der EU verstärken, warnt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Die deutsche Wirtschaft hat 2016 einen Exportüberschuss in Rekordhöhe erzielt. Die Ausfuhren übertrafen die Einfuhren um 252,9 Milliarden Euro. "Damit wurde der bisherige Höchstwert von 244,3 Milliarden Euro aus dem Vorjahr deutlich übertroffen", erklärte das Statistische Bundesamt am Donnerstag. Die Zahlen dürften die internationale Kritik am deutschen Wirtschaftsmodell befeuern, zumal dieses auch US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge ist. Dessen Wirtschaftsberater wirft Deutschland vor, sich auf Kosten der USA mit Hilfe eines deutlich unterbewerteten Euro unfaire Handelsvorteile zu erschleichen.

"Der Rekordüberschuss wird den Konflikt mit den USA und innerhalb der EU verstärken", warnte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. "Dass die deutsche Wirtschaft sehr viel mehr exportiert als importiert, ist Anlass zur Sorge und kein Grund stolz zu sein." Problematisch seien nicht die vielen Exporte, sondern die schwache Entwicklung der Importe. Diese seien das Ergebnis einer großen Investitionslücke. "Diese verursacht hohe wirtschaftliche Kosten für Deutschland, denn sie reduziert die Produktivität, Einkommen und schadet letztlich dem Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Fratzscher.

Die Exporte legten im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent zu auf den Höchstwert von gut 1,2 Billionen Euro. Dabei wuchs das Geschäft mit den EU-Ländern um 2,2 Prozent, während das mit dem Rest der Welt um 0,2 Prozent schrumpfte. "Das Zahlenwerk zeigt einmal mehr, dass das Jahr 2016 für die deutsche Exportwirtschaft nicht unbedingt das beste war", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Die Krise in den Schwellenländern wog für viele Unternehmen schwer." Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält einen Anstieg der Ausfuhren von drei Prozent 2017 für möglich. "Hoffnung besteht für das laufende Jahr dank stabiler Wachstumsraten in Europa und guter Aussichten in Asien", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Sorge bereite den Unternehmen eine Zunahme protektionistischer Vorhaben wie die Ankündigung der neuen US-Regierung, Importzölle einzuführen.

Am Jahresende lief das Geschäft der deutschen Exportfirmen unerwartet schlecht. Die Ausfuhren fielen im Dezember um 3,3 Prozent zum Vormonat und damit dreimal so stark wie von Ökonomen erwartet. Das war der kräftigste Rückgang seit August 2015. "Entgegen der allgemeinen Unternehmensstimmung hat sich der Dezember zu einem 'Katastrophenmonat' entwickelt", sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. "Neben Einzelhandelsumsatz und Industrieproduktion gaben auch die Ausfuhren merklich nach." Die Importe blieben im Dezember stabil. 2016 insgesamt kletterten sie um 0,6 Prozent auf den Höchstwert von 954,6 Milliarden Euro.

Was Ökonomen sagen

THOMAS GITZEL, VP BANK:

"Die deutschen Exporte enttäuschten zum Jahresschluss 2016. Das Minus von 3,3 Prozent gegenüber dem Vormonat fiel deutlicher aus als erwartet. Das Zahlenwerk zeigt einmal mehr, dass das Jahr 2016 für die deutsche Exportwirtschaft nicht unbedingt das beste war. Die Krise in den Schwellenländern wog für viele Unternehmen schwer. Eigentlich versprechen die global anziehenden Konjunkturfrühindikatoren nun Besserung, doch die Außenhandelspolitik von Donald Trump verdüstert derzeit den Exporthorizont erneut."

ANDREAS SCHEUERLE, DEKABANK:

"Entgegen der allgemeinen Unternehmensstimmung hat sich der Dezember zu einem 'Katastrophenmonat' entwickelt. Neben Einzelhandelsumsatz und Industrieproduktion gaben auch die deutschen Ausfuhren merklich nach. Da gleichzeitig die Einfuhren stagnierten, kamen vom Außenbeitrag bremsende Effekte. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen aber sind unverändert gut, weshalb schon der Januar in den meisten Bereichen wieder einen positiven Rückprall bringen wird. Das ist aber auch notwendig, denn Deutschland startet mit angezogener Handbremse (statistischem Unterhang) in das neue Quartal. Immerhin vermochte der schwache Dezember nicht die konjunkturelle Gesamtbilanz des guten Schlussquartals 2016 zu verhageln."

Die Top 10 Handelspartner Deutschlands

Die Europäische Union ist Deutschlands größter Handelspartner. Aber wie sieht die Bilanz aus, aufgeschlüsselt auf einzelne Länder? Die Deutsche Presse-Agentur gibt einen Überblick über die zehn wichtigsten Handelspartner nach Außenhandelsumsatz (Exporte und Importe) im Jahr 2015:

1. USA: 173,95 Mrd. Euro

2. Frankreich: 169,56 Mrd. Euro

3. Niederlande: 167,08 Mrd. Euro

4. China: 163,21 Mrd. Euro

5. Großbritannien: 127,43 Mrd. Euro

6. Italien: 96,87 Mrd. Euro

7. Polen: 95,87 Mrd. Euro

8. Österreich: 95,47 Mrd. Euro

9. Schweiz: 91,15 Mrd. Euro

10. Belgien: 77,76 Mrd. Euro

(Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.