IS verübt blutigen Anschlag auf liberale Muslime in Pakistan

Hunderte Betende hatten sich im Schrein versammelt.
Hunderte Betende hatten sich im Schrein versammelt.APA/AFP/ASIF HASSAN
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Ein Anschlag der Terrormiliz auf einen Sufi-Schrein tötete mindestens 75 Menschen und verletzte 248 Betende. Die Behörden führen landesweite Razzien durch.

Sie tanzen und verehren Gott, als der Täter seine Sprengstoffweste zündet. Der Anschlag auf einen Sufi-Schrein in Pakistan ist der jüngste in einer ganze Serie. Nach zwei ruhigen Jahren erlebt das Land eine neue Welle der Gewalt.

Nach einem der schwersten Selbstmordanschläge in der Geschichte Pakistans auf einen Schrein liberaler Sufi-Muslime ist die Zahl der Toten auf 75 gestiegen. Das sagte am Freitagmorgen ein Arzt am Krankenhaus nahe dem Schrein in der südpakistanischen Provinz Sindh, Moin Ahmed. Die Zahl der Todesopfer könne aber noch steigen. Man habe 248 Verletzte registriert, und rund 50 von ihnen seien in sehr schlechter Verfassung. Am Donnerstagabend hatten Rettungshelfer mindestens 19 tote Kinder und mindestens zehn tote Frauen gezählt.

Die Zeitung "Express Tribune" berichtete, dass das Militär wegen eines Mangels an Kliniken in der abgelegenen Stadt Helikopter und Transportflugzeuge geschickt hatte, um die am schwersten Verletzten in die 200 Kilometer entfernte Großstadt Karachi zu bringen.

Zu dem Anschlag hatte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt. Der Leiter der Anti-Terror-Einheit der Polizei in Sindh, Raja Umer Khatab, sagte in Fernsehinterviews am Freitagmorgen, der Täter sei als Frau verkleidet in den Schrein gekommen.

"Nicht vor Terroristen einknicken"

Die Behörden gingen am Freitag landesweit gegen mutmaßliche Verantwortliche vor. Wie ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP sagte, gab es bei Razzien im Morgengrauen eine "große Zahl Festnahmen in mehreren Städten". Bei Einsätzen in der Provinz Sindh und im Nordwesten des Landes wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen außerdem etwa 30 "Terroristen" getötet. Ein Militärsprecher gab an, dass die Grenze zu Afghanistan "geschlossen" worden sei, da die Behörden dort Extremisten vermuten.

Die Provinzregierung von Sindh rief eine dreitägige Trauer aus. Der Verwalter des angegriffenen Schreins läutete um 3.30 Uhr inmitten des Chaos wie jeden Tag die Glocke. Er werde "nicht vor Terroristen einknicken", sagte er AFP.

Hunderte Gläubige hatten sich am Donnerstagabend im Lal Shahbaz Qalandar-Schrein in der abgelegenen Stadt Sehwan versammelt, um mit den traditionellen Sufi-Tänzen Allah zu verehren. Der Täter sprengte sich inmitten einer Gruppe von Tänzern und Zuschauern in die Luft.

Sufisten sind radikalen Sunniten Dorn im Auge

Der Sufi-Zweig des Islam ist den sunnitischen islamistischen Gruppen im Land ein Dorn im Auge. Es gibt in Pakistan regelmäßig Anschläge auf Sufi-Stätten. Zuletzt waren im November bei einem Anschlag auf einen Tempel in Baluchistan mindestens 52 Menschen getötet worden.

Der Sender Geo TV berichtete, dass nun landesweit die öffentlichen Areale und Parkplätze vor Sufi-Schreinen geschlossen worden seien. Es gibt in Pakistan mindestens ein Dutzend großer, hoch verehrter Sufi-Tempel und viele kleinere.

Seit Montag sind mindestens 104 Zivilisten und Sicherheitskräfte bei Anschlägen getötet worden. Die meisten hat die Gruppe Jamaat ul-Ahrar für sich reklamiert. Sie kündigte weitere Anschläge an.

(APA/dpa)

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