Welche Krise? - Volkswagen zurück in der Gewinnspur

VW-Chef Matthias Müller
VW-Chef Matthias MüllerAPA/dpa/Philipp von Ditfurth
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Volkswagen lässt "Dieselgate" offenbar schneller hinter sich als gedacht.

Wenn der VW-Konzern an diesem Freitag Eckdaten für das abgelaufene Geschäftsjahr präsentiert, dürfte Analysten zufolge ein solider Gewinn zu Buche stehen. Zwar werden erneut Rückstellungen für die Aufarbeitung der Abgas-Manipulationen in den USA auf der Bilanz lasten. Aber Experten sind sicher: Nach dem höchsten Verlust der Unternehmensgeschichte 2015 sehen die Wolfsburger wieder Land. Der Konzern ist groß genug, dass wichtige Ertragsstützen wie Porsche und Skoda, zunehmend aber auch das Lkw-Geschäft mit den beiden Töchtern MAN und Scania, diese Sonderbelastungen mehr als ausgleichen können. Und der Absatz brummt - schließlich hat VW Toyota vom Thron des weltgrößten Autobauers gestoßen.

"Volkswagen hat den Scheitelpunkt der Krise auf jeden Fall überschritten", sagt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Er spricht vom "Phänomen Volkswagen" und hat seine Prognose für den bereinigten Betriebsgewinn - also ohne Berücksichtigung der Kosten des Dieselskandals - nach dem absatzstarken Dezember auf 14,3 Milliarden Euro leicht angehoben. "Der Markt wird von VW positiv überrascht werden." Auch Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg glaubt: "Wenn man die ganze Dieselgate-Geschichte herausrechnet, hat Volkswagen das erfolgreichste Jahr der Geschichte hinter sich." Selbst inklusive dieser Sonderbelastungen dürfte VW den Schätzungen zufolge noch ein operatives Ergebnis zwischen sieben und elf Milliarden Euro geschafft haben.

Zum Vergleich: 2015, dem Jahr als die Manipulationen auf dem wichtigen US-Markt öffentlich wurden, stand am Ende wegen Rückstellungen und Restrukturierungskosten ein Betriebsverlust von 4,1 Milliarden Euro zu Buche. Für Analyst Frank Schwope von der NordLB sind rote Zahlen endgültig Geschichte. "Wenn keine Weltwirtschaftskrise ausbricht, wird Volkswagen bis 2020 jährlich zehn bis 20 Milliarden Euro operatives Ergebnis einfahren."

Experten schauen am Freitag aber nicht nur auf die Gewinnziffern. Sie warten auch gespannt auf Informationen, ob es Markenchef Herbert Diess gelungen ist, die operative Rendite der schwächelnden Wolfsburger Hauptmarke VW zu steigern. "VW wird sicherlich zeigen wollen, dass man beim Umbau vorankommt. Das erklärt auch die offensichtlich etwas gereizte Stimmung zwischen Markenvorstand Diess und dem Betriebsrat", sagt Analyst Tonn.

Streit um Jobabbau

Die Arbeitnehmervertretung hatte Diess unlängst vorgeworfen, sich beim Umbau der Marke nicht an Vereinbarungen zu halten. Hauptstreitpunkt ist der Abbau von Leiharbeitskräften. Die Fronten hatten sich zuletzt in aller Öffentlichkeit derart verhärtet, dass sich Konzernchef Matthias Müller einschaltete. Sollte Diess den Machtkampf mit dem Betriebsrat verlieren, hätte das nach Ansicht von Analysten Auswirkungen auch auf den Aktienkurs. "Die Aktie hat Vorschusslorbeeren für die erwartete Ergebnisverbesserung durch den Zukunftspakt der Marke VW erhalten", sagt Analyst Tonn. Sollte mit Diess ein Garant für die Sanierung von Bord gehen, wäre das ein schlechtes Signal.

Konzernkenner rechnen aber damit, dass VW den Konflikt befrieden wird, schon um weitere Schlagzeilen zu vermeiden. Auf der Tagesordnung des Aufsichtsrats steht neben dem Jahresabschluss und der Dividende auch die Neuordnung der Vorstandsboni. Insidern zufolge plant der Konzern eine Deckelung der Vorstandsgehälter. In der Diskussion ist ein Maximum von zehn Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden. Volkswagen steht seit längerem wegen hoher Vorstandsbezüge in der Kritik. Vor einigen Jahren hatte der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn mit einem Rekordgehalt von 17,5 Millionen Euro für öffenlichen Unmut gesorgt.

(Jan C. Schwartz/Reuters)

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