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Loreena McKennitt: So klingen keltische Mysterien

Loreena McKennitt
Loreena McKennitt(c) EPA (Miguel Angel Molina)
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Die kanadische Liedermacherin mit Vorliebe für Keltisches, lockte mit ihrer Harfe in schaurig-romantische Szenarien.

Dieser Frau ist die Gegenwart wohl nur lästiges Anhängsel. Seit ihrer Kindheit ist sie von der Kultur der Kelten fasziniert. Überall auf der Welt, sogar in der fernen Mongolei, sucht sie deren Spuren. Loreena McKennitt, 60-jährige Kanadierin mit wallendem rotem Haar, spielt zudem (neben Klavier) die Harfe, jenes Instrument, das mit seiner Lieblichkeit klar neben allem Zeitgeist situiert ist. Derlei Klänge werden gerne dem Wunderlichen und Esoterischen zugesellt, selten seriöser Musik, wie sie McKennitt macht.

Das von Andacht bestimmte Wiener Konzert ihres Trios (mit Cello und allerlei wechselnden Saiteninstrumenten) hob mit dem programmatischen „Samhain Nights“ an, einem Lied, das den Beginn der Jahresnacht symbolisierte. Das keltische Jahr bestand nur aus zwei Hälften, Jahrestag (das Sommerhalbjahr) und Jahresnacht (das Winterhalbjahr). „Candles and lanterns are dancing, dancing a waltz on All Soul's Night“, hieß es dann im nächsten, überraschend schwungvollen Lied.

Die zweieinhalb folgenden Stunden leuchtete McKennitts heller Sopran durch größtenteils finstere Kapitel der Menschheitsgeschichte. Etwa durch die massive Migrationsbewegung der Iren als Folge der großen Hungersnot zwischen 1845 und 1852. Millionen, die nicht starben, wagten sich auf Holzschiffen, die bald Sargschiffe genannt wurden, über das große Wasser nach Amerika. Dieser Tragödie widmete McKennitt einen ganzen Reigen an moll-lastigen Liedern, die versuchten, die Perspektive der Iren einzunehmen und ihr Konzept von Ehre und Heimat zu verstehen.

Zwischendurch erzählte McKennitt selbst erlebte, kuriose Iren-Geschichten. Sie amüsiert sich heute noch über den irischen Busfahrer, der ihr minutiös den Weg zur nächsten Bank beschrieb, aber erst auf Nachfrage mitteilte, dass diese schon seit Jahren geschlossen sei. So bekam das Lachen auch noch seinen Platz an diesem von Kontemplation bestimmten Abend.

Großes Drama, schlichte Liebe

Den Die-Hard-Fans war jede Auflockerung lästig, sie lechzten nach dem großen Drama und dem schaurigen Mysterium, das Lieder wie „All Soul's Night“ und „The Dark Night Of The Soul“ garantierten. Und manchmal ging's einfach um romantische Liebe, wie in der innigen Vertonung von William Butler Yeats' Poem „Down By The Salley Gardens“. „She bid me take love easy, as the leaves grow on the tree. But I, being young and foolish, with her would not agree.“ Am Ende hat er's natürlich bereut. Weitere Highlights waren „The Lady Of Shalott“, Drama einer weiblichen Sagenfigur aus dem Artusroman, und „The Wind That Shakes The Barley“, ein Lied, das sich Gedanken über im Wind wiegende Gerste machte. Das besänftigende „Full Circle“ beschloss einen Abend, der wirkungsvoll aus der nüchternen Gegenwart holte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2017)

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