Der US-Elektroauto-Pionier hat bei der Marktkapitalisierung bereits Ford überholt. Ob die Wette aufgehen wird, ist weiterhin unklar.
Wien. Es ist nur eine Zahl. Dennoch hat sie symbolhaften Charakter: 49,5 Mrd. Dollar (46,4 Mrd. Euro). So viel war der US-Elektroautopionier Tesla gestern, Mittwoch, an der Börse wert. Das erst vor 14 Jahren gegründete Unternehmen überholte damit bei der Marktkapitalisierung erstmals den Branchen-Riesen Ford (46 Mrd. Dollar) und rangierte nur mehr knapp hinter General Motors (51,3 Mrd. Dollar) – über Jahrzehnte die unangefochtene Nummer eins der amerikanischen Automobilwelt.
Ist Tesla an der Börse eine Reminiszenz der Dotcom-Blase von 1999, als Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern und hoher Cash-Burn-Rate im ersten Internet-Hype plötzlich mehr wert waren als alteingesessene Industriekonzerne? Oder ist Tesla ein zweites Apple? Also ein Unternehmen, das aufgrund seiner Innovationskraft in der Lage ist, eine eingesessene Branche komplett zu verändern. Die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen.
Die harten Fakten sprechen eher für die erste Antwort. So hat Tesla seit der Gründung im Jahr 2003 noch kein Jahr mit Gewinn beenden können. In den letzten fünf Jahren fielen rund 2,3 Mrd. Dollar Verlust an. Allerdings sanken die roten Zahlen in jüngster Zeit etwas. Im vierten Quartal 2016 reduzierte sich der Verlust im Vergleich zum Vorjahr um zwei Drittel auf 121,3 Mio. Euro, im dritten Quartal hatte es sogar einen kleinen Gewinn von 21,9 Mio. Dollar gegeben.
Tesla baut nicht nur Autos
Allerdings ist das kein Vergleich zu den 26 Mrd. Dollar, die Ford seit 2012 verdienen konnte. Und auch Apple war seit der Einführung des ersten iPhone 2007 nicht nur an der Börse ein Shooting-Star, sondern konnte dies auch mit steigenden Gewinnen untermauern.
Dennoch gibt es Argumente, die den Tesla-Hype an der Börse nicht ganz so abwegig scheinen lassen. So wächst Tesla in einer enormen Geschwindigkeit. Allein im ersten Quartal wurde der Absatz um 69 Prozent auf rund 25.000 Stück gesteigert. Bis 2018 soll der jährliche Absatz auf 500.000 Autos steigen. Ein hohes Ziel, das angesichts von fast 400.000 Vorbestellungen für das günstigere Modell 3 nicht komplett unmöglich scheint.
Zudem baut Tesla nicht nur Elektroautos. Die Firma ist sowohl beim Thema autonomes Fahren als auch beim Aufbau einer eigenen Lade-Infrastruktur weit vorn. Zudem wird in Nevada an einer Fabrik gebaut, die ab 2020 rund das Doppelte der derzeitigen globalen Batterie-Weltproduktion erzeugen soll.
Nichtsdestotrotz bleibt Tesla angesichts des jetzigen Kurses von über 300 Dollar je Aktie eine Wette auf die Zukunft. Wie volatil das Papier dabei ist, zeigt ein Blick auf den Chart: Schon zweimal kratzte die Aktie an der 300er-Marke – und brach in der Folge jedesmal wieder kräftig ein. (jaz/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2017)