Wirtschaftskammer: Eine Reform der kleinen Schritte

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Das Wirtschaftsparlament beschloss mit großer Mehrheit eine Reform. Es sei eine Reform der vergebenen Chancen, meinen Kritiker.

Wien. Am Ende kam alles fast so, wie es sich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl vorgestellt hatte. Seine Kammerreform wurde am Donnerstag im Wirtschaftsparlament mit großer Mehrheit beschlossen. Nur die Grüne Wirtschaft stimmte nicht mit. Und selbst jene, die dafür sind, haben einiges zu bemängeln. Von einem großen Wurf ist längst nicht mehr die Rede.

„Alle Mitglieder, ob groß oder klein, werden von dieser Reform profitieren“, sagte Josef Herk. Der steirische Kammerpräsident war federführend bei der Ausarbeitung beteiligt. Ab 2019 sollen die Unternehmen um 100 Millionen Euro weniger Beiträge bezahlen. Im Schnitt ist das eine Ersparnis von 15 Prozent. Während die Entlastung der Mitglieder unter den Wirtschaftskammer-Granden einhellig begrüßt wurde, sorgten andere Reformschritte für erheblichen Unmut bei den Funktionären. Die Kammerpräsidenten von Wien, Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland hatten Leitl sogar schriftlich mitgeteilt, dass sie der Reform nicht zustimmen werden, sollten nicht einige grundlegende Dinge geklärt sein. Es folgten zähe Nachverhandlungen.

Da ging es um die Frage, wie die zusätzlichen 34 Millionen Euro finanziert werden, die für neue Serviceleistungen verwendet werden. Auch wurde vereinbart, wie die finanzschwachen Landeskammern Burgenland und Kärnten von den anderen Ländern subventioniert werden müssen. Vor allem aber fürchteten die internen Kritiker, dass die Fachgruppen ihre finanzielle Unabhängigkeit verlieren könnten. Diese bleibt nun unangetastet.

WKO als Schrebergarten

Leitl war „stolz und froh“ über die beschlossenen neuen Schritte. Aber er gestand auch ein, dass es sich bei der „WKO 4.0“ eben nur um Schritte handelt, nicht um das Ende. „Wir wollen eine Reform, die den Zusatz 4.0 auch wirklich verdient“, sagte Christoph Matznetter, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes. „Unter Einsatz von viel Düngemittel wird versucht, auf kleinstem Platz ein eigenes Paradies zu schaffen. Das wird auf Dauer nicht gehen“, vergleicht er die Wirtschaftskammer mit einem Schrebergarten. Er fordert effizientere Verwaltung und ein Finanzierungssystem, das auf die Leistungsfähigkeit der Unternehmen Rücksicht nimmt. Vor allem Einpersonenunternehmen haben kaum etwas von einer Absenkung der Kammerumlagen, sagte Matznetter. Die Freiheitliche Wirtschaft spricht von einem „Startschuss“, die Industrie sieht sich als Verlierer der Umverteilung, weil die Entlastung der Kleinunternehmen zum Teil auf Kosten der Großen geht.

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn meint hingegen: „Zwangsmitgliedschaft und Kammerumlage 2 – ein seit 38 Jahren bestehendes Provisorium, damals eingeführt von Rudolf Sallinger zur Überbrückung für in Not geratene Unternehmen – gehören endlich abgeschafft.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.