Interimstrainer Goran Djuricin, 43, soll den Rekordmeister vor dem Abstieg bewahren, dabei lesen sich die Stationen seiner Vita unspektakulär. Ist die billigste Lösung auch die beste?
Wien. Es ist ein wahrlich steiler Aufstieg, den Goran Djuricin in den vergangenen Monaten hingelegt hat. Im Herbst 2016 noch beim ASK Ebreichsdorf in der Regionalliga Ost beschäftigt, wurde Djuricin im November als Kotrainer von Damir Canadi bei Rapid installiert. Fünf Monate später, am vergangenen Sonntag, hievte Sportgeschäftsführer Fredy Bickel den Wiener ins interimistische Amt des Rapid-Cheftrainers. Es gibt schlechtere, gegenwärtig aber gewiss auch angenehmere Jobs in Fußballösterreich.
Djuricin ist als Trainer ein beinahe noch gänzlich unbeschriebenes Blatt, ein No-Name. Die Vita des 42-Jährigen, das möchte man zumindest glauben, befähigt nicht zwingend zur Ausübung des Trainerpostens beim österreichischen Rekordmeister: Rapid (Jugend), Askö Pasching (Kotrainer), SV Donau Wien, Parndorf Amateure, ÖFB-U18, -U19 und -U20 (Kotrainer), IC Favoriten, SC Mannsdorf, SV Neuaigen, ASK Ebreichsdorf. Gemeinsam mit Assistent Martin Bernhard – er kam mit Canadi aus Altach – soll der Wiener nun also Rapid vor dem Abstieg bewahren, der Mannschaft (neues) Leben einhauchen, quasi den Wunderwuzzi spielen.
Ein Vertrauter Canadis
Dass die vereinsinterne Variante Djuricin/Bernhard die billigste, aber nicht die populärste Lösung ist, steht außer Frage. Christoph Peschek, Wirtschaftsgeschäftsführer in Hütteldorf, machte daraus auch erst gar keinen Hehl. Die Personalkosten für den Trainerposten hätten in der laufenden Saison den Plafond ohnehin schon erreicht, „wir bewegen uns über dem geplanten Budget“, gestand Peschek. Nach Zoran Barišić, Mike Büskens und Canadi ist Djuricin der vierte Cheftrainer in den vergangenen zehn Monaten. Konstanz sieht anders aus. Bickel sprach sich aber auch aus sportlichen Gründen vehement gegen eine weitere „externe“ Kraft aus. In Hütteldorf sehnte man sich in der derzeitigen Situationen nicht nach jemandem „mit neuen Impulsen, sondern nach einer Persönlichkeit, die die Mannschaft schon kennt“, erklärte Peschek am Sonntagabend auf Sky.
Goran Djuricin kennt die Mannschaft seit nunmehr fünf Monaten. Er wolle in den kommenden Tagen und Wochen nicht alles umkrempeln, wie er bei der Antrittspressekonferenz erklärte. „Ich wäre der größte Vollidiot, wenn ich jetzt alles ändern würde“, sagte Djuricin, was wiederum die Frage aufwirft, wie viel Canadi im langjährigen Freund und Weggefährten Djuricin steckt. Bei seiner bislang letzten Station als Cheftrainer in Ebreichsdorf hatte Djuricin jedenfalls bleibenden Eindruck hinterlassen. „Ein super Kerl, menschlich ein Wahnsinn. Er lebt für den Fußball. Goran war der beste Trainer, den wir jemals hatten“, schwärmt Erich Hietz, Obmann des Regionalligisten.
Vor knapp fünf Jahren sei man „aus Zufall“ auf Djuricin gestoßen, die Fußballwelt in Österreich ist eben eine kleine, „jeder kennt jeden“. Es entwickelte sich eine über vierjährige Partnerschaft, gepflastert von zwei Aufstiegen aus der Zweiten Landesliga in die Regionalliga. Djuricin forcierte die Jugend, „er wollte nie einen alten, routinierten Spieler holen“, erinnert sich Hietz im Gespräch mit der „Presse“. Den Extrainer der Ebreichsdorfer beschreibt er als „emotionalen Typen, der einen engen Draht zur Mannschaft hatte“.
Vom ausgesprochen offensiv interpretierten Fußball unter Djuricin schwärmt man in der 10.000-Seelen-Gemeinde im Süden Wiens heute noch. Sein damaliges Credo: „Du kannst leicht ein Tor kriegen, aber dann musst du drei schießen.“
Tipico Bundesliga 28. Runde
SP S U N TORE P
1.Salzburg2819544362
2.Altach281558550
3.Sturm28153101948
4.Austria2815211847
5.Admira2810612-1436
6.WAC289613-1433
7.Rapid2871011331
8.St. Pölten288713-1531
9.Mattersburg288614-1430
10.Ried288218-2126
Heute: WAC – Salzburg (16h), Rapid – Altach, Sturm – Ried, Admira – St. Pölten (je 18.30h). Sonntag: Mattersburg – Austria (16.30h, ORF1).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2017)