Reiseversicherer spürt Terrorangst

Themenbild: Reisende am Flughafen in Istanbul.
Themenbild: Reisende am Flughafen in Istanbul.(c) APA/AFP/OZAN KOSE
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Die Europäische Reiseversicherung büßte 2016 wieder Prämien und Gewinn ein. Aber auch die Schadensfälle sanken. Seit dem Winter ortet man Erholung.

Wien. Die Bilanz der Europäischen Reiseversicherung, die 60 Prozent der österreichischen Urlauber gegen Schäden absichert, ist ein guter Seismograf für die Lage des heimischen Tourismus. Und ihre am Mittwoch veröffentlichten Zahlen sprachen ein eindeutiges, wenn auch nicht erstaunliches Bild: Politische Krisen und Terrorattacken in beliebten Urlaubsländern wie der Türkei schlugen 2016 erneut auf das Geschäft der Reisebüros und Veranstalter.

Das Prämienvolumen der Europäischen Reiseversicherung sank im Vorjahr um fast sechs Prozent auf 59 Mio. Euro, schon 2015 hatte sie ein Minus von fünf Prozent hinnehmen müssen. Der Jahresüberschuss ging ebenfalls leicht von 5,8 auf 5,6 Mio. Euro zurück. „2016 war erneut sehr schwierig, die meisten unserer Partner hatten – höflich gesagt – keine Umsatzzuwächse“, sagt Herbert Lackner, Vorstandschef der Europäischen Reiseversicherung.

Einen Wermutstropfen hatte die Assekuranz aber: Auch die Versicherungsfälle, vor allem die Großeinsätze, waren 2016 mit der gedämpften Reiselust gesunken. Die Schadensbelastung ging dadurch um neun Prozent auf 30 Mio. Euro zurück.

Ausgleich durch Heimaturlaub

Angesichts des schwierigen Marktumfelds habe man sich mit „nur“ sechs Prozent Umsatzminus gut geschlagen, konstatiert Lackner. Geholfen hat dem Versicherer, der zur Generali-Gruppe gehört, das überdurchschnittliche Geschäftsjahr seiner mehr als 3000 österreichischen Hotelpartner. Angetrieben von den Unruhen im Ausland florierte der Inlandstourismus – und mit ihm die Hotelstornoabschlüsse. Die Nächtigungen kletterten 2016 erstmals über die 140-Millionen-Marke, die Gästezahl stieg um gut fünf Prozent auf 41,5 Millionen. Und ein weiterer Trend schlug positiv zu Buche: Ganzjahresversicherungen, die unabhängig von einzelnen Urlauben abgeschlossen werden, „sind bei der Bevölkerung angekommen“, sagt Vertriebschef Andreas Sturmlechner. Ihr Volumen stieg um 15 Prozent.

Nun hofft Lackner, dass sich der im Winter eingesetzte Aufwärtstrend bei den Auslandsreisen verstärken wird. Zurzeit sehe es gut aus. Die Vertriebspartner seien „positiv bis euphorisch“ angesichts der bisherigen Buchungszahlen. Auch die Europäische Reiseversicherung selbst verzeichnet über ihre verschiedenen Vertriebskanäle – Hotels, Reisebüros, Online und die Veranstalter – zweistellige Zuwächse bei den Polizzenabschlüssen. „Das Reisen ist zurück aus dem Urlaub“, sagt Lackner.

Wie sich das Jahr für die Touristiker und die daranhängende Versicherungsbranche entwickeln wird, sei nun von den „globalen politischen und wirtschaftlichen Herausforderung“ abhängig. Lackner zählt dazu etwa die Wahlen in Deutschland und Frankreich, den Brexit und die politische Situation in der Türkei. „Und das terroristische Bedrohungspotenzial schwebt über allem.“ (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2017)

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