Geheimgefängnisse für Schwule

Themenbild: Homosexualität in Russland
Themenbild: Homosexualität in Russland(c) REUTERS (CARLOS JASSO)
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Ermittler untersuchen Vorwürfe von Homosexuellen-Verfolgung in Tschetschenien. Kadyrow streitet Existenz von Schwulen ab.

Moskau/Wien. Die mutmaßliche Verfolgung und Misshandlung von Homosexuellen in der russischen Teilrepublik Tschetschenien wird zum Fall für die föderalen Ermittlungsbehörden. Die Kreml-kritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ übergab dem russischen Ermittlungskomitee zu Wochenbeginn belastendes Material in 26 Fällen. Das Blatt veröffentlichte indes weitere Einzelheiten über die Verfolgung Homosexueller in der Republik im Nordkaukasus. So soll es sechs Geheimgefängnisse für Homosexuelle geben, in denen Männer illegal festgehalten werden.

Ein investigativer Bericht der Moskauer Zeitung hatte zu Monatsbeginn hohe Wellen geschlagen. Darin wird unter Berufung auf mehrere Zeugen von einer Verfolgungskampagne im Februar und März 2017 berichtet, der mehr als Hundert Männer zum Opfer gefallen sind. Die Männer wurden aufgrund ihrer vermuteten homosexuellen Orientierung verhaftet, gefoltert und zum „Geständnis“ ihres Schwulseins gezwungen. Drei Männer sollen bei der Aktion getötet worden sein. Nach der Veröffentlichung des Berichts meldeten sich über eine Notfallnummer weitere Dutzende Betroffene.

Homosexualität ist in der konservativen Gesellschaft Tschetscheniens ein Tabu. Der Sprecher von Republikspräsident Ramsan Kadyrow, Alvi Karimow, ging sogar soweit zu behaupten, dass es in der Republik keine Homosexuellen gebe. Bei einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin in der Vorwoche musste sich Kadyrow zur Causa äußern. Er bezeichnete die Berichte als Provokation und unwahr. Eine behördlich organisierte Schwulenjagd würde gegen das russische Gesetz verstoßen. Der Fall rief mittlerweile sogar die EU auf den Plan. Bei ihrem Besuch in Moskau diese Woche forderte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini die russischen Behörden auf, die Menschenrechte ihrer eigenen Bürger zu schützen. Nach eigenen Angaben besprach sie die Causa auch mit Außenminister Sergej Lawrow. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2017)

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