Mazedonien: Machtwechsel soll Krise beenden

Präsident Djordje Ivanov.
Präsident Djordje Ivanov.(c) REUTERS (OGNEN TEOFILOVSKI)
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Nachdem er sich monatelang geweigert hatte, stimmte Staatspräsident Ivanov nun einer neuen Regierung aus Sozialdemokraten und Albanerparteien zu.

Skopje. Das Ende von Mazedoniens Turbulenzen ist in Sicht. Am Mittwoch hat Präsident Djordje Ivanov dem sozialdemokratischen Oppositionschef Zoran Zaev den monatelang verweigerten Auftrag zur Regierungsbildung endlich erteilt. Die Hindernisse für eine Regierungsbildung seien „beseitigt“ worden, begründete der der bisher regierenden VMRO-DMPNE angehörende Staatschef seinen Kurswechsel. Zaev versprach, dass die neue Koalition seiner SDSM mit drei Parteien der albanischen Minderheit Mazedoniens territoriale Integrität garantieren werde.

Seit im Frühjahr 2015 Tonbandaufnahmen auftauchten, die den systematischen Amtsmissbrauch durch die VMRO-Regierung des langjährigen Premiers Nikola Gruevski nahelegten, wurde der labile Vielvölkerstaat durch eine tiefe Krise gelähmt. Auf Druck und Vermittlung der EU und der USA verständigten sich Regierung und Opposition schließlich auf Neuwahlen im Dezember. Doch ein Partnerwechsel sollte die Krise nach den Wahlen erst richtig eskalieren lassen. Nachdem die bisher mit der VMRO verbandelte Albaner-Partei DUI angekündigt hatte, künftig mit der SDSM regieren zu wollen, lief die VMRO gegen die vermeintliche Machtübernahme der albanischen Minderheit Sturm.

„Gruevski ist politisch erledigt“

Die wochenlangen Proteste gipfelten Ende April in einem Sturm auf das Parlament: Angeheuerte Schläger prügelten auf Oppositionsabgeordnete und Journalisten ein. Der Parlamentssturm sei der „letzte Versuch“ der VMRO gewesen, mit einem inszenierten Krisenszenario den Ausnahmezustand und Neuwahlen zu erzwingen, sagt in Skopje Analyst Sasho Ordanoski. Ob Amtsmissbrauch, Wahlmanipulationen, Bestechung: Schon jetzt habe die Sonderstaatsanwaltschaft 200 Ermittlungsverfahren gegen frühere Gruevski-Minister eingeleitet: „Politisch ist Gruevski erledigt. Die einzige Zukunft, die ihm bleibt, ist, sich gute Anwälte zu suchen.“ Leicht werde es für die künftige Regierung sicher nicht, die Verwerfungen in dem ethnisch und politisch geteilten Land zu überwinden, gibt die stellvertretende SDSM-Vorsitzende Radmila Shekerinska zu: „Es ist eine große Krise, aber auch große Chance für Mazedonien.“

Die Palmen an dem von Monumenten verstellten Gestade des Vardar sind verdorrt. Obwohl mit DUI auch eine diskreditierte Partei der bisherigen Regierung mit am Regierungstisch sitzt, hofft der albanische Verleger Fejzi Hajdari bei einem Machtwechsel auch auf bessere Zeiten für die Medien. Ob Beleidigungsklagen oder Redaktionsbesetzungen – im „Polizeistaat Mazedonien“ seien die Medien ständig willkürlichem Druck von Politikern und Behörden ausgesetzt gewesen, klagt der Herausgeber der Zeitung „Lajm“: „Ich hoffe, dass es der neuen Regierung gelingt, die Spannungen zu mindern. Es kann nur besser werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2017)

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