Der neue grüne Klubchef gilt als besonnener Sachpolitiker. Mit Fokus auf Gerechtigkeit und Abgrenzung gegen rechts will er auch SPÖ- und ÖVP-Wähler gewinnen.
Wien. Wolfgang Brandstetter habe ihm einmal im Scherz gewünscht, dass er Justizminister wird – um sich dann mit der Kritik der Opposition herumzuschlagen: „Aber ich lebe nicht dafür, dass ich einen Ministerposten bekomme“, skizziert der neue grüne Klubchef und langjährige Justizsprecher Albert Steinhauser seine Karriereambitionen. Er beschäftige sich primär mit der inhaltlichen Arbeit.
So ähnlich würden das zwar wohl die meisten Politiker sagen – bei dem 45-jährigen Wiener passt es aber ins Bild: Steinhauser ist jedenfalls kein Selbstdarsteller. Das habe wohl auch seine Parteikollegin Alev Korun gemeint, als sie unlängst in der „Krone“ sagte, dass er „keiner der Uga-Uga-Männer“ sei, sagt er. Tatsächlich gilt er nicht als einer, der draufhaut und den möglichst schnellen Sager sucht, sondern als ruhiger, besonnener Sachpolitiker, der seine Ansichten konsequent vertritt, aber zugleich korrekt und kooperativ ist.
Vertreter des linken Flügels
Steinhauser – zuvor neben Gabriele Moser und Werner Kogler stellvertretender Klubobmann – macht nach seiner Kür am Mittwoch das grüne Spitzentrio mit Parteichefin Ingrid Felipe und Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek komplett. Ursprünglich kommt er aus der grün-alternativen Jugend, deren Vorsitzender er auch war. Von 2002 bis 2007 war Steinhauser Landessprecher der Wiener Grünen, die in der Partei als eher links gelten. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ortet denn auch einen „extremen Linksruck“ bei den Grünen: „Mehr links geht nicht mehr“, kommentierte er Steinhausers Aufstieg im Klub.
„Der Herr Kickl steht sehr weit rechts – und der jeweilige Standpunkt entscheidet darüber, wo der andere steht“, sagt dazu Steinhauser im Gespräch mit der „Presse“. Er sei unlängst als ein Vertreter des linken Flügels mit einem gemäßigten Auftreten beschrieben worden. „Ich finde das gar keine so schlechte Beschreibung.“ Das Gemäßigte äußere sich darin, dass er andere Meinungen stets respektiere. Und das Linke? „Dass Gerechtigkeit für mich im Mittelpunkt der Politik steht“, sagt Steinhauser, der bis zu seinem Nationalratseinzug vor zehn Jahren in der Privatangestelltengewerkschaft aktiv war
Zentral ist neben aktiver Sozial- und Umweltpolitik aber auch die Abgrenzung gegen rechts. Mit dieser Positionierung will Steinhauser auch prognostizierte grüne Verluste abwenden. „Ich bin optimistisch und das hat auch einen Grund“, erklärt er. „SPÖ, ÖVP und FPÖ matchen sich eher im rechten Meinungsspektrum. Für die Grünen ist das Feld einer weltoffenen und progressiven Politik offen.“ Jedenfalls 30 bis 35 Prozent der Menschen hätten den Rechtsruck nicht mitgemacht. „Ich weiß, dass es auch in SPÖ und ÖVP Menschen gibt, die angesichts des Wandels ihrer Parteien irritiert sind.“ Ihnen werde man also ein Angebot machen, um sie neben den klassischen Grünwählern zu gewinnen. Zwölf, 13 oder 14 Prozent hält Steinhauser für die Grünen bei der Nationalratswahl durchaus für möglich.
„Ich sehe viele Slim-fit-Boys“
Als Übergangskandidat sieht sich der zweifache Familienvater nicht, obwohl er angekündigt hat, den Klubchefposten zu räumen, wenn Spitzenkandidatin Lunacek nach der Nationalratswahl kein Regierungsamt übernimmt. „Ich sehe mich als Klubobmann in bewegten Zeiten, in denen auch parlamentarische Fenster offen sind, die sehr spannend sind“, sagt Steinhauser. Konkret nennt er Bildungsreform und Ökostromgesetz. „Solche Vorhaben können wir durchbringen, wenn wir uns energisch dahinterklemmen und auch andere bewegen.“ Er gehe davon aus, dass bei der Bildung auch die ÖVP ein Interesse am Abschluss habe.
Vielleicht hört man in Zukunft übrigens doch mehr knackige Sager von ihm als bisher. Ein Anfang: „Ich sehe viele Slim-fit-Boys, die als PR-Produkt inszeniert werden. Das ist die Spezies, die sich in der Politik breitmacht.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2017)