Philippinen: Rätsel nach blutigem Casino-Raub

Sicherheitskräfte vor dem Megahotelkomplex in Manila. Laut Polizei ermordete ein geistig verwirrter Mann mindestens 37 Menschen, bevor er sich selbst tötete.
Sicherheitskräfte vor dem Megahotelkomplex in Manila. Laut Polizei ermordete ein geistig verwirrter Mann mindestens 37 Menschen, bevor er sich selbst tötete.(c) imago/Xinhua (Stringer)
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Mindestens 37 Menschen wurden bei einem Überfall auf ein Hotel in Manila ermordet, der IS bekannte sich zur Tat. Doch die Polizei glaubt nicht an einen Terrorakt.

Manila. Plötzlich war der Krieg für die Bewohner Manilas ganz nah. Um Mitternacht heulten die Sirenen von Polizei und Rettungskräften – im Hotelkomplex mit Casino, dem Resorts World Manila, ertönten Schüsse. Weißer Rauch stieg über dem Gebäude auf. Besucher flohen auf die Straße, teils nur im Bademantel oder Pyjama bekleidet. Der sich direkt gegenüber befindende internationale Flughafen wurde zeitweise geschlossen.

Ein Mann war in das Unterhaltungszentrum gestürmt und hatte begonnen, mit einem Maschinengewehr um sich zu schießen. Zudem legte er laut Zeugen Feuer, indem er auf Spieltischen eine Flüssigkeit ausschüttete und anzündete. Wie die Polizei später mitteilte, soll er jedoch nicht versucht haben, gezielt Menschen zu töten. Stattdessen schoss er auf Spielautomaten. Nach einem Feuergefecht mit Wächtern, bei dem er möglicherweise getroffen wurde, zog sich der Täter in ein Zimmer im fünften Stock zurück. Dort soll er sich schließlich angezündet und erschossen haben. Als die Polizei später das Gebäude durchsucht, findet sie 37 Tote, die meisten von ihnen Frauen. Die Beamten gehen davon aus, dass die Opfer am Rauch erstickt sind. Mehr als 50 Menschen wurden bei dem Überfall verletzt.

2,3 Millionen US-Dollar im Rucksack

Die Lage auf den Philippinen ist derzeit angespannt: Seit rund einer Woche befindet sich die Stadt Marawi auf der Insel Mindanao im Süden des Landes im Ausnahmezustand: Dort kämpfen Regierungstruppen gegen Islamisten der Gruppen Abu Sayaf und Maute – beide Terrororganisationen haben dem Islamischen Staat (IS) die Treue geschworen. Die Kämpfer leisten der Armee erbitterten Widerstand. Die Streitkräfte teilten am Freitag mit, dass die Kämpfe wohl über das Wochenende weitergehen werden.

Angesichts der Kämpfe gingen zunächst viele Beobachter von einer Attacke der Islamisten aus. Die philippinischen Behörden schlossen dies jedoch am Freitag aus. „Dieser Vorfall in Manila ist keinesfalls ein Terroranschlag”, sagte der Sprecher des Präsidenten, Ernesto Abella. Stattdessen sei es ein „krimineller Akt eines offenkundig emotional verstörten Individuums“.

Tatsächlich deutet vieles auf einen gescheiterten Raubüberfall eines geistig Verwirrten hin. Der Täter schoss offenbar nicht gezielt auf Menschen. Wie die Polizei mitteilte, soll er während seines Streifzuges durch das Kasino Spielchips im Wert von 2,3 Millionen US-Dollar eingesammelt und in einen Rucksack gestopft haben.

Der IS reklamiert die Attacke jedoch für sich. Bereits kurz nach der Tat soll ein bekannter philippinischer IS-Anhänger gemeldet haben, dass der IS für den Angriff verantwortlich sei. Am Freitagnachmittag teilte zudem das IS-Sprachrohr Amak mit, „dass Kämpfer des Islamischen Staates den Angriff durchgeführt haben“.

Beweise lieferte die Terrororganisation jedoch nicht. Sie zeigte auch keine Bilder der Attentäter wie sonst üblich. Zudem fällt auf, dass in der Meldung von mehreren Kämpfern die Rede ist, während Hotelmanagement und Behörden nur von einem Einzeltäter ausgehen.

Auch am späten Freitagabend hatten die Behörden den Täter noch nicht identifizieren können – offenbar ist er bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Möglicherweise handelte es sich um einen Ausländer. „Er sprach Englisch, er sah groß und weiß aus“, sagte Oscar Albayalde, Chef der Polizei in Manila.

Die Sicherheitslage auf den Philippinen hat sich in den vergangenen Wochen verschlechtert. Bereits vor den Kämpfen in Marawi kam es zu zwei Anschlägen auf der Hauptinsel Luzon. Dabei wurden zwei Menschen getötet. Während die Behörden den Anschlag nicht Islamisten zurechnen wollten, hatte Präsident Rodrigo Duterte davor gewarnt, dass der Islamische Staat sich ausbreite, und später mit der Ausrufung des Kriegsrechtes gedroht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2017)

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