Führungskrise: Uber-Gründer nimmt Abschied statt Auszeit

Uber-Chef Travis Kalanick.
Uber-Chef Travis Kalanick.(c) REUTERS
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Der Chef des Fahrdienstvermittlers muss auf Druck der Investoren gehen. Zuvor erschütterten Sexismusvorwürfe die US-Firma.

Wien. Vergangene Woche erst hatte Uber-Chef Travis Kalanick angekündigt, nach einer Auszeit zu seinem von Sexismus-Skandalen gebeutelten Konzern als besserer Manager zurückkehren zu wollen. Der rehabilitierte Fahrdienstvermittler „Uber 2.0“ verdiene einen „Travis 2.0“, schrieb er an seine Mitarbeiter. Am Mittwoch folgte die überraschende Meldung: Der 40-jährige CEO geht – nicht für die Dauer einer Auszeit, sondern ganz. Der Schritt soll auf massiven Druck von fünf führenden Anteilseignern erfolgt sein, berichtete zuerst die „New York Times“. Ein Unternehmenssprecher bestätigte das später. Kalanick habe nach stundenlangen Diskussionen den Chefposten geräumt. Er werde aber Teil des Verwaltungsrats bleiben.

Rückhalt trotz Milliardenverlusten

Die Investoren hatten jahrelang viel Geduld mit dem auf knapp 62 Mrd. Euro geschätzten Start-up und seinem für seinen aggressiven Führungsstil bekannten Gründer. Seit dem Start 2009 hatte sich das weltweit agierende Unternehmen über unliebsame Gesetze hinweggesetzt und Kontrolleure mit einer Falschversion seiner App irregeführt. Zurzeit ficht Uber in mehreren Ländern Gerichtsprozesse über die Grenzen seines ungezügelten Wachstums- und Beschäftigungsmodells aus. Die Taxibranche brachte es mit billigeren Tarifen, sauberen Autos und bemühten Fahrern ins Schwitzen – und verbrannte dabei Milliarden.

Doch erst die toxische Firmenkultur im Unternehmen brachte Uber und mit ihm Kalanick, der als prägende Kraft im Hintergrund galt, ins Schleudern. In den vergangenen Wochen hatte ein Exodus in der Führungsetage eingesetzt. Auslöser war der Blogeintrag einer Mitarbeiterin, die von ihrem Vorgesetzten sexuell belästigt wurde und das der Personalabteilung meldete. Die Reaktion: nichts. Der Mann sei schließlich eine wertvolle Kraft im Betrieb, ein „High Performer“, den man nicht feuern werde.

Der Eintrag löste eine Lawine an Empörung aus. Weitere Fälle von Sexismus im Firmenalltag wurden bekannt. Aber auch, dass elementare Kontrollmechanismen fehlten und erfolgreiche Manager sich so gut wie alles herausnehmen konnten – vom Besuch im Stripclub bis zur Überwachung der Besucher am Konzernsitz im Silicon Valley.

In einem ersten Schritt wurden rund 20 Mitarbeiter entlassen, Dutzende weitere in Schulungen geschickt. Auf Empfehlung einer eigens eingesetzten Untersuchungskommission unter der Führung des ehemaligen US-Justizministers Eric Holder sollen Mitarbeiterbeschwerden besser dokumentiert und mehr Frauen bei der Besetzung von Chefpositionen berücksichtigt werden. Es werde keine Toleranz für „brillante Arschlöcher“ mehr geben, versicherte Uber-Mediensprecherin Arianna Huffington. Die allererste Empfehlung des 13-seitigen Berichts richtete sich gegen den Gründer selbst: Kalanick sollte einen Teil seiner Vollmachten an andere Mitglieder des Führungsteams abgeben, was er vergangene Woche mit betonter Einsicht auch tat.

Spätes Zugeständnis an die Fahrer

Nun heißt es in dem von der „New York Times“ am Mittwoch veröffentlichten Auszug seines Schreiben: „Ich liebe Uber mehr als alles andere auf der Welt und in diesem schwierigen Moment in meinem persönlichen Leben habe ich die Forderung der Investoren akzeptiert, beiseite zu treten (...).“

Uber ließ am Tag seines Rücktritts noch mit einer anderen Meldung aufhorchen: In der App ist seit Dienstag in einigen US-Städten erstmals eine Trinkgeld-Option vorgesehen. Das ist ein Zugeständnis an die Fahrer, nachdem etwa herauskam, dass sie in New York um einen Teil ihres Fahrpreises gebracht wurden. (ag./loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2017)

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