Siemens: „Eine Opernkarte besticht keinen Generaldirektor“

Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer (Archivbild).
Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer (Archivbild).(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Vor elf Jahren schlitterte Siemens in einen veritablen Korruptionsskandal. Mit ein paar Jahren Verspätung wird der Skandal auch bei uns juristisch aufgearbeitet. Am Dienstag war Ex-Managerin Brigitte Ederer als Zeugin geladen.

Wien. Es war einer der größten Wirtschaftskrimis in der deutschen Nachkriegszeit. Im November 2006 stürmten einige Hundert Polizisten diverse Siemens-Büros und beschlagnahmten Unterlagen. Der Weltkonzern hatte schwarze Kassen angelegt, um im Ausland durch Bestechung an lukrative Aufträge zu kommen. Das Ganze Geschah mit Duldung des Managements. Bei Siemens herrschte ein riesiges Schmiergeldsystem, Hunderte Millionen flossen in dubiose Kanäle.

Reihenweise wurden Spitzenmanager verurteilt oder zumindest geschasst. Der damalige Vorstandschef Klaus Kleinfeld musste genauso den Hut nehmen wie Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. Am Ende kostete der Skandal den Münchner Technologiekonzern fast drei Milliarden Euro.

Während in Deutschland die Affäre längst juristisch aufgearbeitet worden ist, sitzen in Österreich seit einigen Wochen ein ehemaliger Finanzverantwortlicher und ein früherer Bereichsleiter von Siemens Österreich auf der Anklagebank. Ihnen wird Untreue in Höhe von 17 Millionen Euro vorgeworfen. Dieses Geld sollen sie mit Hilfe von Scheinrechnungen aus dem Unternehmen geschleust haben, um damit andernorts Entscheidungshilfen für Großaufträge zu finanzieren. Beide Beschuldigte weisen diese Interpretation der Staatsanwaltschaft zurück. Sie bekennen sich nicht schuldig.

Ein erster Höhepunkt des Prozesses war am Dienstag. Da wurde die frühere SPÖ-Spitzenpolitikerin und Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer als Zeugin einvernommen. Die Richterin wollte von ihr wissen, wie man einst Kontakte – etwa vor Geschäftsabschlüssen – geknüpft hat.

Ohne Berater geht's nicht

„Eine Opernkarte besticht keinen Generaldirektor, sondern das ist Tradition in diesem Land“, sagte Ederer. Und betont, dass heutzutage selbst ein harmloser Kulturgenuss aufgrund der strengeren Verhaltensregeln schon nicht mehr üblich sei. Ob es damals in der Telekommunikationsabteilung von Siemens Österreich zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, konnte Ederer nicht sagen.

Was sie aber sagen konnte: Geschäfte ohne Beraterverträge seien für einen Weltkonzern wie Siemens teilweise nicht möglich. Das sei auch heute so. Allerdings gibt es mittlerweile verbindliche Verhaltensregeln. Diese findet Ederer prinzipiell gut, mitunter nehme die Compliance aber auch überbordende Maße an, meinte die Ex-Spitzenmanagerin, die mittlerweile in Pension ist. Urteil gab es am Dienstag keines. Den beiden Ex-Managern drohen bis zu zehn Jahren Haft. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2017)

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