Mehrere Schwerverletzte nach Ski-Rennwochenende

TJ Lanning verletzte sich in der Abfahrt schwer
TJ Lanning verletzte sich in der Abfahrt schwer(c) REUTERS (Andy Clark)
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Thomas Lanning, John Kucera, Alexandra Daum und Denise Karbon: Dieses Fahrer-Quartett zog sich zum Teil schwere Verletzungen zu. Der Hochrisikosport wird wieder einmal seinem Ruf gerecht.

Der Skirennsport hat wieder Opfer gefordert. Gleich das erste Speed-Wochenende der Olympiasaison brachte mit Thomas Lanning (USA) und Abfahrts-Weltmeister John Kucera aus Kanada zwei schwer verletzte Herren. Kucera brach sich das linke Bein und muss laut Informationen seiner Teamärzte operiert werden. Der Kanadier wird somit die Olympischen Spiele in seiner Heimat verpassen. TJ Lanning hat sich einen Nackenwirbel gebrochen und eine schwere Luxation im linken Knie erlitten. Während die Nackenverletzung nicht operiert werden muss, dürfte die Verletzung im Knie schwer sein.

Wie sehr es die Österreicherin Alexandra Daum in Aspen am Knie erwischt hat, wird sich erst in der Heimat zeigen. Auch die Südtiroler Riesentorlauf-Spezialistin Denise Karbon verletzte sich schwerer am linken Knie. Die 29-jährige Kastelrutherin zog sich im Riesentorlauf von Aspen einen Meniskusschaden zu, mit dem sie das Rennen aber zu Ende gefahren war und immerhin Platz neun belegt hatte. Sollte Karbon operiert werden müssen, droht auch ihr ein längeres Aus in der Olympia-Saison.

Dieses Quartett verletzte sich an einem Wochenende, an dem mit Hans Grugger, Andreas Buder und Mario Scheiber ein langzeitverletztes ÖSV-Trio in Kanada ein verletzungsfreies Speed-Comeback feierte. Der Hochrisikosport wurde damit wieder einmal seinem Ruf gerecht.

Lange Verletztenliste

Die Bilanz verletzter Skirennfahrer umfasst schon knapp nach Beginn der Olympiasaison 2009/10 eine beachtlich lange Liste. Im Spätsommer nach dem schweren Kitzbühel-Unfall von Daniel Albrecht rieb sich die halbe Schweizer Mannschaft auf, Ende September erwischte es auch noch Jungstar Lara Gut. Die 18-Jährige wird wegen ihrer Hüftluxation noch länger pausieren müssen. Schon im August hatte sich der Südtiroler Abfahrer Peter Fill in Argentinien so schwer verletzt, dass der WM-Zweite die Olympiasaison versäumen wird.

Den heftigsten Unfall im Herbst-Training hatte der finnische Slalomfahrer Marcus Sandell, dem nach einem wilden Sturz im Pitztal die Niere entfernt werden musste. Und nachdem sich noch vor dem Saisonauftakt in Sölden Weltcupsieger Aksel Lund Svindal, der schon vor zwei Jahren in Beaver Creek dem Tod von der Schaufel gesprungen war, eine hartnäckige Sehnenverletzung im Bein zugezogen hatte, kam gleich beim ersten Saison-Riesentorlauf für Österreichs Kristall-Hoffnung Nicole Hosp das Saisonaus wegen eines Kreuzbandrisses.

Ähnliches passierte der US-Amerikanerin Resi Stiegler. Gerade von einer langen Verletzungspause zurück, zog sich die Tochter des österreichischen Olympiasiegers Pepi Stiegler kürzlich beim Training in den USA einen Schien- und Wadenbeinbruch zu.

"Ausschalten kannst du die Angst nicht"

An keinem Skifahrer geht so etwas spurlos vorbei. "Ausschalten kannst du die Angst oder Gedanken an Verletzungen nicht. Man muss sich damit konfrontieren und es verarbeiten", meinte etwa Kathrin Zettel, die selbst wegen ihrer Kniesehnen-Beschwerden das halbe Sommertraining verpasst hatte. Eine ähnliches Problem hatte die Karriere ihres Göstlinger Landsmannes Thomas Sykora beendet, Zettel verzichtete aber auf eine Operation und kuriert die Verletzung konservativ aus.

Auch Zettels Teamkollegin Marlies Schild ist von ihrem Sport gezeichnet. Mit 20 hatte die Salzburgerin schon kaputte Knie, aber vor einem Jahr erwischte es Schild beim Training in Sölden mit einem komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch wirklich schwer. "Man darf am Start nicht eine Sekunde daran denken, dass man sich verletzen könnte", ist der Freundin von Benjamin Raich bewusst.

Raich ist der vielleicht einzige absolute Topfahrer, der durch sein kluges Herangehen bisher schwerere Verletzungen vermieden hat. Auf der Suche nach den wohl zahlreichen Gründen für die vielen Verletzungen sind sich Raich und Schild einig, dass die breiteren Rennski, mit denen die FIS eigentlich für mehr Sicherheit sorgen wollte, ihren Teil dazu beitragen.

Die FIS hatte vor zwei Jahren die Standhöhen erniedrigt und die Ski verbreitert, die Fahrer hatten diese Maßnahme aber von Beginn an für unnötig und sogar gefährlich gehalten. Trauriger Höhepunkt war der März 2008 gewesen, als der Österreicher Matthias Lanzinger beim Highspeed-Super-G in Norwegen mit dem neuen Material bei Höchsttempo verschnitt und so schwer stürzte, dass er - auch wegen ungenügender Rettungsmaßnahmen - danach ein Bein verlor.

Raich kritisiert Sicherheit

"Ich verstehe nicht, warum sie nicht kapieren wollen, dass diese Ski aggressiver und gefährlicher sind", hatte Raich erst vor den Rennen in Lake Louise wieder kritisiert. Auch sie sei mit den Skiern von vor drei Jahren viel glücklicher gewesen, meinte Schild und ergänzte nachdenklich: "Mir kommt auch vor, das die Zahl der Unterschenkelbrüche seitdem größer geworden ist."

Dass hier bewusst mit der Gesundheit der Athleten gespielt werde, wollte aber Schild so nicht sagen. "Die Absicht der Verbreiterung war ja eine gute, man wollte den Sport damit ja sicherer machen", ist ihr bewusst. Auswege gebe es nicht wirklich. "Jeder entscheidet für sich selbst, wie er damit umgeht und versucht, das beste aus der Situation zu machen."

Ein treffendes Beispiel dafür, wie wenig zimperlich die Alpinski-Asse sind, ist nicht nur Schild selbst. Auch Daniel Albrecht ist trotz seines dreiwöchigen Komas schon wieder so stark, dass man jederzeit mit einem Comeback des jungen Schweizers rechnen kann.

Auch die junge Französin Anne-Sophie Barthet steht beispielhaft dafür, wie unzimperlich die Skisportler sind und mit wie viel Humor sie auf Verletzungen reagieren. Die 21-Jährige wurde im Aspen-Slalom mit Startnummer 58 Achte. Im Ziel jener Piste, auf der sie sich vor zwei Jahren in der Abfahrt schwer verletzt hatte, tanzte die Barthet zum Jubel der Zuschauer die Choreographie zu Hannah Montana, mit der die Tricolore-Girls auf das humorvolle YouTube-"Michael Jackson Tribute" der Norweger rund um Svindal reagiert hatten. "Ich hatte nur zwei Möglichkeiten. Ewig eine Wut auf Aspen zu haben oder einfach was Positives daraus zu machen", erklärte Supertalent Barthet.

(APA/Red.)

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