Verfassungsschutz warnt vor wachsender linksextremer Szene

APA/dpa/Henrik Josef Boerger
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Linksextreme seien stärker als früher bereit, Gewalt gegen politische Gegner und gegen die Polizei anzuwenden, sagt der deutsche Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.

Nach dem G20-Gipfel warnt Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen vor einem Erstarken der Linksextremen. "Wir haben in Deutschland eine sehr starke linksextremistische Szene mit rund 28.000 Personen, davon 8500 gewaltorientierte Extremisten, deren Zahl wächst", sagte Maaßen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe). Linksextreme seien stärker als früher bereit, Gewalt gegen politische Gegner und gegen die Polizei anzuwenden. "Linksextremisten qualifizieren den Staat und die Polizei als Instrumente der Repression und Unterdrückung, gegen die jede Gewalt zugelassen ist." Eine zunehmende Gewaltbereitschaft zeige sich im Übrigen bei Extremisten aller Lager.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte dem "Tagesspiegel", natürlich gebe es auch ein Problem im Linksextremismus. Dem stelle man sich. "Aber der Linksextremismus stellt keine akute Gefahr für Staat und Gesellschaft dar", betonte der innenpolitische Berater von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Die Union bausche die Bedrohung nach den Hamburger Krawallen auf. "Unionspolitiker setzen jetzt linksextreme Gewalttäter schon mit der NSU oder islamistischen Terroristen gleich. Das ist Unfug." In Deutschland würden mehr als doppelt so viele Straftaten im rechtsextremen Bereich im Vergleich zu links registriert. Es gebe ein Vielfaches mehr an Körperverletzungen und auch mehr Tötungsdelikte im rechtsextremen Bereich.

Beamte verweigerten zunächst Krawall-Einsatz

Während der schweren Ausschreitungen beim G-20-Gipfel haben Polizeieinheiten nach Angaben des Hamburger Polizeipräsidenten einen Einsatz in dem von Randalierern dominierten Schanzenviertel zunächst verweigert. Sie hätten gesagt, es bestehe Lebensgefahr, sagte Ralf Martin Meyer "Spiegel Online". "Da mussten Spezialeinheiten her, um die Angreifer von den Dächern zu holen."

"Als die ersten Feuer brannten, hat Einsatzleiter Hartmut Dudde die Einheiten planmäßig aufgefordert, auf das Schulterblatt vorzurücken", sagte der Polizeipräsident. Randalierer hatten dort an einer Engstelle Steine gehortet, um anrückende Beamte damit zu bombardieren. Sie hatten stundenlang plündern und Feuer legen können, bis ein schwerer bewaffnetes Spezialeinsatzkommando die Häuser stürmte und die Polizei die Kontrolle über die Straßenzüge zurückgewann.

Es sei natürlich ein Konflikt, "wenn der Einsatzführer sagt, wir müssen da jetzt rein. Und die Einheiten sagen: Ja, aber nicht wir", erklärte Meyer. Die Gefahren für die Polizeibeamten wie für alle Menschen im Viertel seien aber nicht zu kalkulieren gewesen, ohne dass die Angreifer von den Dächern geholt werden. "Dieses Ausmaß an Gewalt haben wir alle noch nicht erlebt."

Das Vorrücken ins Viertel von einer anderen Seite sei ohne Erfolg probiert worden. "Es ging nicht, die Einheit wurde massiv, auch von erhöhten Positionen aus, angegriffen und musste sich zurückziehen", sagte Meyer. Bis die Spezialeineinheiten am Ort gewesen seien, habe es so lange gedauert, weil sie nicht für Demo-Einsätze vorgesehen waren. "Wir mussten sie erst zusammenziehen und hinbringen."

Der Hamburger Polizei war beim G-20-Gipfel vorgeworfen worden, zu spät auf die Eskalation der Gewalt reagiert zu haben. Die von den Linksradikalen angerichteten Schäden sorgten weltweit für Entsetzen, der sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt, Olaf Scholz, sieht sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

(Reuters)

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