Maßnahmenvollzug: Spezielle Einrichtungen für geistig Abnorme geplant

PRESSEKONFERENZ - 'EXPERTENENTWURF - ZUKUNFT: MASSNAHMENVOLLZUG': BRANDSTETTER
PRESSEKONFERENZ - 'EXPERTENENTWURF - ZUKUNFT: MASSNAHMENVOLLZUG': BRANDSTETTERAPA/HERBERT NEUBAUER
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Justizanstalten wie Krems-Stein oder Garsten, wo derzeit beide Gruppen untergebracht sind, soll es in Zukunft nicht mehr geben.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will in Zukunft psychisch kranke Straftäter von geistig gesunden Strafgefangenen strikt trennen. Justizanstalten wie Krems-Stein oder Garsten, wo derzeit beide Gruppen - wenn auch in unterschiedlichen Abteilungen - untergebracht sind, soll es in Zukunft nicht mehr geben.

Dieses Vorhaben ist zentraler Bestandteil eines von Experten erarbeiteten Gesetzesentwurfes zum Maßnahmenvollzug, der am Dienstag bei einer Pressekonferenz im Wiener Palais Trautson von Brandstetter und dem maßgeblich eingebundenen Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs vorgestellt wurde. Es handle sich um "den nächsten großen Schritt bei der Reform des Strafvollzugs", sagte Brandstetter. Die Unterbringung zurechnungsunfähiger bzw. geistig abnormer und als gefährlich eingestufter Straftäter sei "Jahrzehnte vernachlässigt" worden, bedauerte der Justizminister.

"Richtige Balance"

In Zukunft sollen sowohl Betroffene im Sinne des § 21 Absatz 1 StGB (Straftäter, die aufgrund einer höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit nicht schuldfähig sind) als auch Fälle nach § 21 Absatz 2 StGB (geistig abnorme Täter, die zwar zurechnungsfähig sind, aber für derart gefährlich gehalten werden, dass sie derzeit in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher landen) in forensisch-psychiatrischen Zentren untergebracht werden. Diese Einrichtungen sollen an die bereits bestehende Sonderanstalt Linz-Asten angelehnt werden. "Nach innen eine Klinik, nach außen ein Gefängnis. Dort wäre die richtige Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit und der bestmöglichen Behandlung und Betreuung der Betroffenen gegeben", beschrieb Brandstetter die zu errichtenden Zentren.

In diesen Zentren wäre neben einer raschen vor allem eine gezieltere Behandlung der psychisch Kranken möglich, was die "Treffsicherheit" der Therapien verbessern würde, meinte Brandstetter. Es soll daneben auch ambulante Betreuungsmodelle geben, wobei der Bewährungshilfe eine unerlässliche Kontrollfunktion zukommen würde. Auch elektronische Überwachung in Form einer Fußfessel und gerichtliche Aufsicht sind angedacht: "Es soll nicht mehr sein, dass man kranke Menschen ohne weitere Kontrolle entlässt."

Stärkung des Rechtsschutzes

Für die Betroffenen wäre mit dem neuen Modell eine Stärkung des Rechtsschutzes verbunden. Eine zwingend notwendige Verteidigung im Entlassungsverfahren ist im Entwurf ebenso vorgesehen wie die Vertretung der strafrechtlich Untergebrachten durch Patientenanwälte. "Damit wäre eine bessere Vorbereitung auf eine Entlassung gegeben", betonte der Justizminister. Im Zuge von Entlassungskonferenzen sollen Nachbetreuungseinrichtungen frühzeitig eingebunden werden.

Ob ein psychisch kranker Straftäter noch eine Gefahr darstellt und ab wann seine Entlassung aus medizinischer Sicht vertretbar ist, hängt von psychiatrischen Gutachten und den Gefährlichkeitsprognosen ab. Die Qualität dieser Expertisen ist zuletzt ins Gerede gekommen. Um dieses Problems Herr zu werden, will Brandstetter "die Rahmenbedingungen deutlich verbessern". Die Sachverständigen sollen nicht mehr pro Gutachten sondern nach Stunden honoriert werden, "damit es sich lohnt, sich mit einem Patienten eingehend zu beschäftigen", wie Strafrechtsprofessor Fuchs formulierte.

Brandstetter wünscht sich "eine offene öffentliche Diskussion" über das Gesetzesvorhaben. "Aufgrund der Komplexität der Materie war es nicht mehr möglich, diesen Entwurf in Begutachtung zu schicken", erläuterte er abschließend.

(APA)

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