Nationalratswahl: Gerangel auf den ÖVP-Landeslisten

Wer steht hinter Sebastian Kurz? Am 18. August wird man es wissen.
Wer steht hinter Sebastian Kurz? Am 18. August wird man es wissen. (c) APA/AFP/ALEX HALADA
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Parteichef Sebastian Kurz will ausschließlich Quereinsteiger auf der Bundesliste. Damit wird es auf den Landeslisten eng, was bei etablierten Parteifunktionären für Irritation sorgt.

Wien. Rund zwei Wochen sind noch Zeit: Am 18. August müssen die Kandidatenlisten für die Nationalratswahl fixiert sein. Während die SPÖ ihre Liste weitgehend fertig hat (siehe Seite 2), lässt sich die ÖVP noch etwas Zeit. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Listenerstellung diesmal einiges Konfliktpotenzial birgt.

Das hat schon die erste bekannt gewordene Landesliste, jene aus Tirol, gezeigt: Dort haben drei vom Arbeitnehmerflügel ÖAAB nominierte Politikerinnen ihre Kandidatur verärgert zurückgezogen, weil sie keine Chance auf ein Mandat bekamen.

Das sei „bedauerlich“, erklärte ein ÖVP-Sprecher. Dabei ist die innerparteiliche Irritation durch die besondere Konstellation an der ÖVP-Spitze ausgelöst worden. Chef Sebastian Kurz hat sich das alleinige Nominierungsrecht für die Bundesliste ausbedungen und will dort nur Quereinsteiger nominieren. Dadurch verschärft sich aber das Gerangel um die Plätze auf den Landeslisten und in den Regionalwahlkreisen. Wenn dann auch noch Platz eins auf der Landesliste auf Wunsch des Parteichefs mit einer Quereinsteigerin besetzt wird – wie in Tirol mit der Sportlerin Kira Grünberg geschehen – führt das bei etablierten Parteifunktionären rasch zu größerer Verärgerung.

Platz für die Minister

Somit darf mit Spannung beobachtet werden, wie die restlichen Landeslisten besetzt werden – vor allem, wenn dort auch noch die Regierungsmitglieder untergebracht werden müssen. Möglicherweise werden sich das gar nicht alle antun. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter kandidiert in Tirol im Regionalwahlkreis Unterland, Innenminister Wolfgang Sobotka wird wohl die niederösterreichische Landesliste anführen. Dass Finanzminister Hans Jörg Schelling dort ebenfalls Platz findet, darf bezweifelt werden – immerhin muss auch Frauenchefin Dorothea Schittenhelm den Weg über die Landesliste gehen. Und 2013 hatte die ÖVP zwei Mandate über die niederösterreichische Landesliste.

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter bräuchte ebenso wie Familienministerin Sophia Karmasin einen Platz auf der Wiener Liste. Gleiches gilt für Wissenschaftsminister Harald Mahrer. Da wird es dann schon eng – 2013 hatte die ÖVP in Wien vier Mandate. Mahrer könnte auch in Kärnten antreten. Dort hatte die ÖVP beim letzten Mal allerdings nur ein einziges Mandat – und das dürfte wohl Generalsekretärin Elisabeth Köstinger bekommen. Möglicherweise wird sich Mahrer gar nicht um ein Nationalratsmandat bewerben.

Offen ist, ob Kurz für die Landeslisten noch weitere personelle Überraschungen wie Grünberg in Tirol im Köcher hat. Dort kann er laut Statut zwar nicht eigenmächtig zugreifen, sondern hat nur ein Vetorecht gegen die Listen, im Einvernehmen mit dem Landesparteichef ist aber alles möglich. So könnte in der Steiermark Cattina Leitner Spitzenkandidatin werden. Die Ehefrau von Andritz-Chef Wolfgang Leitner hat sich im Präsidentschaftswahlkampf als Großspenderin für Irmgard Griss – jetzt bei den Neos – einen Namen gemacht.

Wobei ein guter Listenplatz noch kein Mandat garantiert. Die ÖVP hat die Hürden gesenkt, ab denen man mit Vorzugsstimmen vorgereiht wird. Damit könnte manch prominenter Kandidat noch ins Schwitzen kommen. Zum Beispiel Klubchef Reinhold Lopatka, der auf Platz eins im Wahlkreis Steiermark Ost antritt, gegen den der Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark aber einen aktiven Vorzugsstimmenwahlkampf führt. Lopatka zeigt sich optimistisch: Er glaubt, breitere Unterstützung hinter sich zu haben.

Jede Stimme zählt

In Niederösterreich geht die Landespartei in punkto Vorzugsstimmen noch einen Schritt weiter: Dort gibt es gar keine Hürde mehr, wer in einem Wahlkreis die meisten Stimmen erhält, bekommt das Mandat. In den Regionalwahlkreisen treten dort allerdings eher weniger bekannte Kandidaten an. Ausnahme: Der designierte Bauernbund-Chef Georg Strasser.

Damit die Vorgereihten auch tatsächlich das Mandat bekommen, müssen alle Kandidaten eine Blanko-Verzichtserklärung unterschreiben. Die bringt aber wenig, wenn ein Kandidat im Ernstfall doch auf sein Mandat pocht. „Wir gehen aber davon aus, dass sich alle an die Vereinbarung halten werden“, sagt ein Parteisprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2017)

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