Beim Klima steht Trump im Regen

Für Trump ist der „angebliche Klimawandel“ nur „schlechtes Wetter“. Nun muss er sich von eigenen Behörden belehren lassen.
Für Trump ist der „angebliche Klimawandel“ nur „schlechtes Wetter“. Nun muss er sich von eigenen Behörden belehren lassen. (c) REUTERS
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Die eigenen Behörden erklären der US-Regierung, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel drastische Folgen für Amerika hat. Wird der Präsident den Bericht freigeben?

Wien. „Nicht erwähnen, nicht zitieren, nicht verteilen!“ Die Warnung, die über jeder der 500 Seiten steht, hat einen guten Grund. An den Inhalten liegt es nicht: Der „Spezialbericht zur Klimaforschung“ fasst nur den neuesten Stand der Wissenschaft zum Thema Erderwärmung zusammen, mitsamt ihrer dramatischen Folgen speziell für die USA. Brisant an der Metastudie, die der „New York Times“ zugespielt wurde und die deshalb seit Dienstag jedermann einsehen kann, sind vielmehr Adressat und Absender: Experten von 13 US-Bundesbehörden informieren damit in vierjährigem Abstand das Weiße Haus. Und sie widersprechen dieses Mal diametral dem amtierenden Präsidenten und seiner Entourage, die einen vom Menschen verursachten Klimawandel ebenso leugnen wie die Sinnhaftigkeit von Prognosen.

Die Forscher fürchten, dass Donald Trump den Bericht nicht freigibt. Zumindest ihre Ergebnisse lassen sich nun nicht mehr unterdrücken – was die Regierung in eine unangenehme Lage bringt.

Denn die Schlussfolgerungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Ergebnisse aus „Tausenden Studien von Zehntausenden Forschern“ machten es „extrem wahrscheinlich“, dass ein Großteil der Erwärmung seit 1951 vom Menschen verursacht wurde. „Es gibt keine alternativen Erklärungen“, zumal es in der Vergangenheit, soweit es dokumentiert ist, nie zyklische Ausschläge in diesem Ausmaß gegeben habe. „Beweise für eine Veränderung des Klimas sind im Überfluss vorhanden.“ Die besonders heißen Jahre seit dem letzten Bericht von 2014 hätten die Evidenz weiter verstärkt. Die Jahrzehnte seit 1980 waren in den USA die wärmsten seit 1500 Jahren. Die verstärkte Zufuhr von CO2 habe die Meere weltweit so stark übersäuert wie seit mindestens 66 Millionen Jahren nicht mehr. Fortschritte habe es zuletzt bei der Erforschung der Faktoren gegeben, die zu extremen Wetterphänomen führen. Die europäische Hitzewelle von 2003, die Rekordtemperaturen in Australien von 2014: Es gebe „relativ starke Hinweise“, dass die Menschen dazu beigetragen haben.

Der Ausblick für Amerika: Bis 2100 werde die mittlere Temperatur um 2,8 bis 4,8 Grad Celsius steigen. Regionen im Westen, Südwesten und Südosten trocknen dann aus, in anderen regnet es deutlich mehr als heute. Da sich die Arktis doppelt so stark erwärmt wie die Erde im Schnitt und ihr Eis rapide schmilzt, sei es „sehr wahrscheinlich“, dass künftig ein steigender Meeresspiegel „Küstenstädte in den USA bedroht“. Ins Stammbuch geschrieben haben das die offiziell beauftragten Forscher nicht nur Trump, der sich über „schlechtes Wetter“ lieber nicht den Kopf zerbricht. Auch die Umweltbehörde EPA sollte als eine der involvierten Behörden den Bericht bis 18. August freigeben.

„Pause“ schon wieder vorbei

An ihre Spitze hat der Präsident Scott Pruitt gestellt. Der frühere Kohle-Lobbyist glaubt nicht, dass der Mensch und die von ihm verursachten CO2-Emissionen ein „primärer Faktor“ bei der Erderwärmung seien. Darüber gäbe es „enorme Meinungsunterschiede“. Pruitt empfahl als Erster im Umkreis von Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, den das Außenministerium vorigen Freitag offiziell der UNO übermittelte. Und dann wäre da noch Rick Perry: Der Energieminister warf früher Klimaforschern vor, Daten zu manipulieren, um an Gelder zu kommen. 2011 verglich er die kleine Minderheit an Rebellen, die den Klimawandel für nicht menschengemacht hielten, mit Galileo Galilei, der für seine richtigen Erkenntnisse als Ketzer verfolgt wurde.

Berufen konnte er sich damals auf eine „Pause“, die die Erderwärmung einlegte. Heute wisse man darüber mehr, schreiben die Autoren des Berichts: Die temporäre Abschwächung bewirkten natürliche Faktoren im Zyklus der Ozeane; hätte man sie gekannt, wären auch die Prognosen genauer gewesen. Vor allem aber haben die drei jüngsten Rekordhitzejahre die Situation „dramatisch geändert“ – die Pause sei wohl schon vorbei.

Erstmals kommt damit eine große Klimaanalyse aus dem eigenen Haus auf die Schreibtische der neuen US-Regierung. Nun muss sich das grundsätzliche Verhältnis von Trump und Co. zur Wissenschaft und ihren Erkenntnissen klären. Nicht nur Klimaforscher erwarten die Reaktion mit Sorge. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2017)

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