Militärisches Sechs-Buchstaben-Wort

(c) Clemens Fabry
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Über manche Dinge kann man erst nach einer gewissen Zeit sprechen – wenn man nachts nicht mehr schweißgebadet aufwacht.

15 Jahre sind mittlerweile vergangen – darum kann ich jetzt meine Zeit beim Bundesheer ein wenig Revue passieren lassen. Da war etwa jener Vizeleutnant (der einzige Dienstgrad mit Bauch, übrigens) im Krankenrevier, der sich immer wieder für (extra bezahlte) Nachtdienste einteilte, um dort an seiner Modelleisenbahn zu basteln. Oder jener Wachtmeister, der seine Befehle derart nuschelte, dass ein Kamerad nach mehrmaligem Nachfragen die legendären Worte sprach: „Ich würd's ja gerne machen – aber ich verstehe Sie nicht!“ Legendär auch der Offizier vom Tag, der mit roter Nase zum Morgenappell torkelte und den Chargen „Flagge einholen“ zubrüllte. (Zur Erklärung: Eingeholt wird die Fahne des Abends. Die Chargen mussten also den Befehl verweigern und hissten die Flagge.)

Erinnerungswert hat auch der militärische Jargon. „Militärisches Wort mit sechs Buchstaben“, war des Öfteren mit süffisantem Unterton zu hören – in Zivilsprache übersetzt hieß das „schade“. Nicht voll einsatzfähige Kameraden wurden von den Ausbildnern als „Innengichtler“ bezeichnet, Rekruten ohne Namensschild auf der Uniform als „Wehrmann Plüsch“. Denkwürdig auch die Frage des Korporals: „Schreibt man Gruppe mit einem oder zwei p“? Noch denkwürdiger die Antwort eines Wehrmanns: „Kommt darauf an, wie viele Leute in der Gruppe sind.“ Aber genug hingehaut auf die unteren Dienstgrade – bei der Angelobung auf dem Rathausplatz sprach der damalige Wiener Militärkommandant die Worte: „Danke allen, die diese Verlobung möglich gemacht haben!“

Ich kann jetzt übrigens wieder ganz gut schlafen.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2009)

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