"So wie bei uns läuft es auch in der NHL ab"

Die Rekordjäger: Vor den Vienna Capitals ist keine Ligabestmarke sicher, auch heuer führt der Meistertitel nur über die Truppe aus Kagran.BEL, Capitals vs KAC
Die Rekordjäger: Vor den Vienna Capitals ist keine Ligabestmarke sicher, auch heuer führt der Meistertitel nur über die Truppe aus Kagran.BEL, Capitals vs KAC(c) GEPA pictures / Patrick Leuk
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Die Vienna Capitals dominieren die Erste Bank Eishockey Liga (Ebel) nach Belieben. Kapitän Andreas Nödl spricht über das Kagraner Erfolgsrezept, sein Legionärsleben und kniende NHL-Stars.

Wie wird man eigentlich Kapitän bei den Vienna Capitals?

Andreas Nödl: Serge Aubin (Headcoach, Anm.) hat mich eine Woche vor dem ersten Vorbereitungsspiel ins Office geholt und es mir gesagt. Das war's eigentlich.

Wurden Sie in Ihrer neuen Rolle schon einmal laut in der Kabine?

Zum Glück haben wir noch keine Situation gehabt, in der ich hätte eingreifen müssen. Wir sind im Moment sehr gut beieinander. Alle sind Vollprofis, die brauchen keinen, der sie motiviert. Ich versuche einfach, meine Sache so gut wie möglich zu machen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich ein Vorbild bin, aber ich bin für die Jungen da, wenn sie etwas brauchen.

Mit saisonübergreifend 19 Siegen in Folge sind die Capitals die klare Nummer eins der Liga. Heute gastiert der VSV in der Albert-Schultz-Halle. Geht nicht allzu viel schief, ist Ihre Mannschaft nicht zu schlagen.

Wir sehen es so: Jeder kann jeden schlagen, wir respektieren jeden Gegner. Wir ziehen unser Spiel, unseren Forecheck durch. Und solange wir das tun, sind wir schon selbstbewusst, dass das Ergebnis stimmen wird.

Ein Teil des Erfolgsrezepts von Serge Aubin ist, dass er die Arbeitsmoral und den Teamgeist, die er als NHL-Profi bei den Stars erlebt hat, nach Kagran gebracht hat. Deckt sich das auch mit Ihrer NHL-Erfahrung?

Da hat er schon recht. Er macht das recht gescheit: Er behandelt jeden gleich, so wie es sein soll, egal, ob du erste Linie spielst oder vierte. Und wenn du deine Leistung nicht bringst, dann hörst du es auch von ihm. Er vergibt auch die Rollen gut, jeder weiß genau, was er zu erledigen hat. So läuft es auch in der NHL ab. Er hat schon einiges Interessantes zu erzählen aus Nordamerika, manchmal auch lustige Geschichten. Und ab und zu kann ich auch meinen Senf dazugeben, weil ich dort ja auch ein bisschen gespielt habe (195 Partien für Philadelphia Flyers und Carolina Hurricanes, Anm.).

Die vergangene Saison war Ihre beste seit Ihrer Rückkehr vor fünf Jahren aus den USA, Sie absolvierten alle 66 Partien, kamen auf 14 Treffer und 22 Assists.

Es kommt viel darauf an, mit wem du spielst, mit wem die Chemie stimmt. Und auf den Trainer. Sein Vertrauen ist sehr wichtig für die Spieler. Aber das ist bei jedem Job so, glaube ich.

Wie ist den Capitals im Sommer das Kunststück gelungen, beinahe die komplette Meistermannschaft in Wien zu halten? Angebote gab es ja sonder Zahl.

Damit hatte ich wirklich nichts zu tun, Franz Kalla (General Manager, Anm.)und Serge Aubin haben das geschafft. Aber wenn die Arbeitsmoral stimmt, wenn du gut behandelt wirst und auch deine eigene Leistung passt, verstehe ich, dass so viele Spieler hierbleiben wollten. Bei mir ist es schnell gegangen. Ich hatte nach der Saison ein gutes Gespräch.

An der Ebel scheiden sich nach wie vor die Geister. Die einen sehen sie auf einem guten Weg, andere meinen, sie werde schlechter.

Ich finde, sie wird besser. Das liegt auch daran, dass viele Legionäre hier spielen. Das Problem dabei ist nur, dass einige Österreicher nicht zum Zug kommen und ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Das wird sich auch nicht ändern, glaube ich. Seit ich zurück bin, wird viel geredet: Wir müssen dies und das machen. Im Endeffekt bleibt es beim Reden.

Während der Saison leben Sie in Wien, den Sommer verbringen Sie bei Ihrer Familie in Minneapolis, Sie sind also selbst ein Legionär, wenn auch in der Heimat . . .

Einerseits ja, weil ich wie die Importspieler neben der Halle wohne. Aber ich bin ja im 21. Bezirk aufgewachsen.

In Ihrer zweiten Heimat beherrscht der Hymnenprotest die Sportwelt. Am Mittwoch beginnt nun auch die neue NHL-Saison. Joel Ward, ein Stürmer mit barbadischen Wurzeln von den San Jose Sharks, hat als erster NHL-Profi öffentlich erwogen, zum Ligaauftakt bei der US-Hymne zu knien. Wenig später machte er einen Rückzieher. Auch der kanadische Olympiasieger P.K. Subban, er hat karibische Vorfahren, vom Stanley-Cup-Finalisten Nashville Predators erklärte, nicht protestieren zu wollen.

Ein schwieriges Thema. Amerika ist ein sehr stolzes, auch ein militärisches Land. Deshalb ist die Hymne etwas Besonderes. Vor jedem Spiel hörst du sie, oft auch danach. Ich glaube, es ist nicht das beste Timing, bei der Hymne auf die Knie zu gehen. Für viele ist der Protest sicher ein wenig verletzend. Aber ich glaube nicht, dass die Sportstars das im Sinn haben, sie wollten nur auf Probleme wie die Polizeibrutalität aufmerksam machen.

Sie rechnen also nicht mit Protesten der NHL-Spieler?

Eishockey und Football sind sehr unterschiedlich. Um Eishockey zu spielen, braucht man Geld, deswegen kommen die Spieler zwar nicht aus reichen, aber aus Familien, die eher keine finanziellen Probleme haben und eher in den guten Vierteln leben. Im Football und im Basketball ist das oft anders. Diese Spieler haben ganz andere Erfahrungen gemacht.

In der Champions Hockey League warten auf die Capitals ab Dienstag zwei Duelle mit dem Schweizer Play-off-Finalisten EV Zug. Ist der Aufstieg überhaupt noch möglich?

Eine sehr, sehr starke Mannschaft. Wir müssen gewinnen, dann spüren sie vielleicht Druck. Schwierig ist es auf jeden Fall, unmöglich ist gar nichts. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2017)

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