Wirtschaftsnobelpreis wird vergeben

Für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis sind nach Einschätzung deutscher Top-Ökonomen abermals US-Forscher die Favoriten.
Für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis sind nach Einschätzung deutscher Top-Ökonomen abermals US-Forscher die Favoriten.(c) REUTERS (Andrew Winning)
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Seit 1969 vergibt die Schwedische Reichsbank die Auszeichnung auch für Wirtschaftswissenschaften. Als Favoriten gelten vor allem Forscher aus den USA.

Wien. Für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis sind nach Einschätzung deutscher Top-Ökonomen abermals US-Forscher die Favoriten. Sie dominierten schon bisher die Geschichte der erstmals 1969 verliehenen Auszeichnung. 54 US-Forscher haben ihn bisher schon erhalten. Einmal bekam auch ein Deutscher, Reinhard Selten (gemeinsam mit zwei US-Kollegen), den Nobelpreis „Für die grundlegende Analyse des Gleichgewichts in nicht-kooperativer Spieltheorie.“

Am Montag gibt die Schwedische Reichsbank den Gewinner abermals bekannt. Für Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), ist Anne Krueger die Favoritin. Die US-Ökonomin sei herausragend und hinterfrage den Konsens, Globalisierung sei immer und für alle von Vorteil. Krueger zeige, „wie Institutionen und Wirtschaftspolitik gestaltet werden sollten, damit die Globalisierung für alle zum Erfolg wird und vor allem Entwicklungsländer vom Freihandel profitieren.“ Sie habe sich zudem nicht im Elfenbeinturm verschanzt, sondern als Vizepräsidentin der Weltbank und erste stellvertretende Direktorin des Internationalen Währungsfonds wirtschaftspolitische Verantwortung übernommen, lobt Fratzscher.

Auch Ernst Fehr im Gespräch

Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), plädiert für Paul Milgrom und Robert Wilson. Die US-Forscher von der Stanford-University hätten maßgeblich die Theorie von Auktionen und deren Anwendung geprägt. Milgrom und Wilson hätten das Design der ersten Spektrumsauktion in den USA mitentwickelt, die 1993 von der Telekommunikationsregulierungsbehörde dort durchgeführt wurde. „Damit haben sie Standards für die Versteigerung von Telekommunikations-Frequenzen gesetzt, die weltweit angewandt werden“, erklärte Wambach. Einen Kanadier favorisiert hingegen Christoph Schmidt, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI).

David Card von der Berkeley-Universität in Kalifornien sei ein „fantastischer akademischer Lehrer“, der wichtige Beiträge zur Analyse von Ursache und Wirkung gerade in der Arbeitsmarkt- und Migrationsökonomik geleistet habe. „Damit ist er ein wichtiger Wegbereiter der evidenzbasierten wirtschaftspolitischen Beratung gewesen.

Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), sieht den Österreicher Ernst Fehr und den Amerikaner Richard Thaler wegen ihrer Beiträge zur experimentellen und Verhaltensökonomie weit vorne. Sie hätten das Verständnis von Verhalten und Entscheidungen erweitert und damit die Wirtschaftswissenschaften zu anderen Disziplinen geöffnet. „Ihre Aktualität besteht in den gesellschaftlichen Umbrüchen in Zeiten von Populismus und Digitalisierung, die ein komplexeres Verständnis von Verhalten und Entscheidungen von Menschen erfordern.“ (red/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2017)

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