Iraks Armee startet Militäreinsatz gegen Kurden in Kirkuk

Peschmerga-Kämpfer beim Unabhängigkeitsreferendum im Irak
Peschmerga-Kämpfer beim Unabhängigkeitsreferendum im IrakREUTERS
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Die Regierungstruppen wollen Stellungen im Nordirak von den Kurden zurückgewinnen. Tausende Peschmerga-Kämpfer sammeln sich in der Provinz.

Die irakische Armee hat am Freitag eine Militäroffensive gegen kurdische Stellungen in der Provinz Kirkuk im Nordirak gestartet. Ziel der Streitkräfte sei die Rückgewinnung von Militärstellungen, die sie vor drei Jahren an die kurdischen Peschmerga-Streitkräfte verloren hätten, sagte ein irakischer General der Nachrichtenagentur AFP. Damals im Juni 2014 herrschte wegen des Vormarsches der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) Chaos in dem Gebiet.

In Erwartung eines Angriffs hat die kurdische Autonomieregierung ihre Kämpfer in Gefechtsbereitschaft versetzt und eine "Verteidigung um jeden Preis" angekündigt. Die irakischen Truppen sammelten sich südwestlich der Stadt Kirkuk und stießen von dort in andere Gebiete im Süden der gleichnamigen Provinz vor, wie der General, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte. Am Freitag in der Früh sei bereits ein Militärposten der kurdischen Peschmerga-Kämpfer westlich der Stadt Kirkuk eingenommen worden.

"Die Peschmerga haben ihn kampflos aufgegeben, bis gestern Abend waren sie noch hier", sagte der General. "Wir haben hier noch Munition vorgefunden." An der Offensive seien auch Eliteeinheiten der Polizei und die Miliz Hashd al-Shaabi ("Volksmobilisierungseinheiten") beteiligt; den paramilitärischen Verbund dominieren vom Iran unterstützte schiitische Milizen.

Langjähriger Streitpunkt mit Irak

Ein Berater von Kurdenpräsident Massoud Barzani hatte kurz vor Beginn der Offensive erklärt, tausende schwer bewaffneter Peschmerga-Kämpfer seien in Gefechtsbereitschaft. "Sie haben die Verteidigung um jeden Preis zum Befehl", erklärte Präsidentenberater Hemin Hawrami. "Die Eskalation ging nicht von uns aus, wir verteidigen uns lediglich", fügte er hinzu.

Kirkuk gehört nicht zum autonomen Kurdengebiet im Irak, wird aber überwiegend von Angehörigen der Volksgruppe bewohnt. Die multi-ethnische, ölreiche Provinz ist schon lange ein Konfliktpunkt zwischen Kurden und irakischer Zentralregierung, beide Seiten erheben Anspruch auf sie. Der Angriff der irakischen Streitkräfte erfolgte drei Wochen nach dem Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak, in dem sich nach kurdischen Angaben fast 93 Prozent für die Loslösung ihrer Region vom Irak ausgesprochen hatten. International wird das Votum nicht anerkannt, die Zentralregierung in Bagdad wertete es als Provokation.

Bereits am Donnerstag hatten kurdische Sicherheitskräfte in Erwartung einer bevorstehenden Offensive der irakischen Armee und ihrer Milizen stundenlang eine wichtige Überlandstraße blockiert.

Iraks Premier dementierte Interventionsabsicht

Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi dementierte aber noch am Donnerstagabend jegliche Interventionsabsicht: "Wir werden unsere Armee nicht für einen Krieg gegen unsere kurdischen Mitbürger einsetzen." Der Sicherheitsrat der kurdischen Regionalregierung schlug aber am Donnerstag Alarm. Südlich von Kirkuk würden sich irakische Streitkräfte zusammenziehen, "darunter Panzer, Artillerie, geländegängige Fahrzeuge und Mörser". Am Freitag wollte sich der Sprecher des Ministerpräsidenten auf AFP-Anfrage in Bagdad zunächst nicht zum Beginn der Offensive äußern.

Die irakischen Behörden erließen in dieser Woche Haftbefehle gegen den Vorsitzenden der für das kurdische Unabhängigkeitsreferendum zuständigen Wahlkommission und zwei seiner Mitarbeiter. Ihnen wird nach Angaben eines Sprechers des Obersten Justizrats vorgeworfen, gegen ein Gerichtsurteil verstoßen zu haben, wonach das Referendum am 25. September ungültig gewesen sei.

(APA/AFP)

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