Bagdad startet Einsatz gegen Kurden

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Symbolbild.(c) APA/AFP/MARWAN IBRAHIM (MARWAN IBRAHIM)
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Irak. Die Regierung will die ölreiche Stadt Kirkuk zurückerobern. Nach dem Referendum für die Unabhängigkeit geraten die Kurden immer mehr unter Druck – auch in der syrischen Provinz Idlib.

Bagdad/Ankara. Keine drei Wochen nach dem Unabhängigkeitsreferendum der Kurden hat die irakische Armee eine Offensive gestartet: Sie will die multiethnische Stadt Kirkuk im Norden des Landes zurückgewinnen. Kirkuk wird von den Kurden kontrolliert, seit das irakische Militär 2014 angesichts des Vorrückens des sogenannten Islamischen Staats (IS) das Gebiet quasi über Nacht verlassen hatte. Die Kurden konnten verhindern, dass die Stadt dem IS in die Hände fällt.

Bagdad ließ seine Streitkräfte zunächst südwestlich von Kirkuk aufstellen. Zehntausende kurdische Peshmerga-Kämpfer sind ebenfalls in Gefechtsbereitschaft. Aus dem Büro des Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Massoud Barzani, hieß es, dass zusätzlich 6000 Peshmerga nach Kirkuk abkommandiert worden seien. Sie haben den Befehl, die Stadt um jeden Preis zu verteidigen. „Diese schwierige Situation wird zu einer Katastrophe führen“, sagte ein Peshmerga-Kommandant.

Die ölreiche Region im Norden ist seit Langem ein Streitpunkt zwischen der Autonomen Region und Bagdad. Die Kurden erheben ihren Besitzanspruch aus historischen Gründen, wiewohl Kirkuk geografisch nicht Teil Kurdistans ist. Aber ein Großteil der Bewohner gehört dieser Bevölkerungsgruppe an.

Vor der jüngsten Offensive hat der irakische Regierungschef, Haider al-Abadi, eigentlich betont, dass die Armee keinen Angriff in der Region plane. Seit der Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums – über 90 Prozent der Teilnehmer haben für eine Sezession gestimmt – gerät Erbil jedoch immer mehr unter Druck. Bagdad hat gegen mehrere Mitglieder der Wahlkommission Haftbefehl erlassen. Das Referendum wird international auch nicht anerkannt.

Türkische Panzer in Syrien

Unterdessen kommen die Kurden auch im benachbarten Syrien in Bedrängnis. Die türkische Armee begann mit der Errichtung von sogenannten Grenzposten in der syrischen Provinz Idlib nahe der Grenze. Ankara will eine „Deeskalationszone“ im Bürgerkriegsland errichten – unter anderem soll damit der Flüchtlingsstrom ins Land eingedämmt werden. Darüber hinaus will die Türkei auch die Kurden zurückdrängen: Die syrischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), eine Schwesterorganisation der PKK, kontrollieren die benachbarte Region Afrin.

Die Operation in Idlib hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan erst vergangenes Wochenende angekündigt. Türkische Medien berichten, dass vorerst 30 Panzer die Grenze überquert hätten. Damit die Deeskalationszone funktioniert, müsste freilich auch die in Idlib dominierende jihadistische Hayat Tahrir al-Sham die Region verlassen. Danach sieht es derzeit jedoch nicht aus. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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