Das iranische Regime mobilisiert seine Unterstützer: Bei staatlich organisierten Demonstrationen sind am Mittwoch hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen.
Im Iran sind am Mittwoch Hunderttausende Anhänger der Regierung bei staatlich organisierten Großdemonstrationen auf die Straßen gegangen. Wie das staatliche Fernsehen berichtete, gab es in Teheran und anderen Städten Solidaritätskundgebungen für den umstrittenen Staatspräsidenten Mahmoud Ahmadinejad.
Proteste pro Regierung
Drei Tage nach den blutigen Ausschreitungen zwischen Gegnern der Regierung und Sicherheitskräften mit acht Toten versammelten sich allein in Teheran Zehntausende Regierungsanhänger. Unbestätigten Berichten zufolge wollten sie vor einem der Büros von Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi in Teheran so lange einen Sitzstreik abhalten, bis der Politiker festgenommen wird.
Bei der Kundgebung riefen die Demonstranten "Tod Moussavi". Auch Rufe wie "Nieder mit den USA, Israel und Großbritannien" wurden laut. Die Regierungsanhänger forderten von der Justiz, ihnen zu erlauben, sich an Oppositionsanhängern zu rächen, weil sie ihrer Ansicht nach durch die Proteste anlässlich der Ashura-Feierlichkeiten am vorigen Sonntag dieses heilige Fest entweiht hätten. Schon am Dienstag hatten offiziellen Angaben zufolge Zehntausende für die Regierung demonstriert.
Konservative und Apolitische
Nach Einschätzung der deutschen Iran-Expertin Katajun Amirpour stützt sich das Regime immer mehr auf eine "konservative Klientel" und apolitische Menschen, die man "durch ein warmes Mittagessen oder ein paar Geldscheine mobilisieren" könne, sagte Amirpour im Ö1-Mittagsjournal.
Bei den jüngsten Großkundgebungen habe sich aber gezeigt, "dass diese Klientel immer schlechter zu mobilisieren ist". Weil sich das Regime im Konflikt mit der Opposition "absolut kompromissunfreudig gezeigt" habe, hätten sich nämlich auch bisherige Unterstützer Ahmadinejads von ihm abgewandt. "Das Regime ist in einem Sumpf und scheint sich immer tiefer in den Sumpf hineinzuziehen", so Amirpour.
Die Expertin schloss auch eine Verhaftung des Oppositionsführers Moussavi nicht aus, obwohl dies ein "höchst ungeschickter Schritt" wäre, weil es die Oppositionellen "noch einmal viel schärfer mobilisieren" würde. Nach Angaben konservativer Politiker vom Mittwoch hat die iranische Generalstaatsanwaltschaft bereits rechtliche Schritte gegen Moussavi und seinen Mitstreiter Mehdi Karroubi sowie andere Oppositionsführer eingeleitet.
Mindestens 500 Verhaftete
Der iranische Polizeichef Esmail Ahmadi Moghaddam warnte die Opposition indes eindringlich vor neuen Protestaktionen."Für Toleranz gegenüber Teilnehmern an illegalen Kundgebungen ist kein Platz mehr". Moghaddam berichtete von mindestens 500 verhafteten Oppositionsanhängern.
Bei den blutigsten Protesten seit der umstrittenen Präsidentenwahl im Juni waren am Sonntag mindestens acht Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Neffe von Oppositionsführer Moussavi. Der US-Fernsehsender CNN zeigte am Mittwoch ein Amateurvideo, auf dem zu sehen ist, wie ein grünweißes Polizeiauto in eine Menge rast und unter dem Schreien von Menschen einen Demonstranten überfährt. Die Polizei hatte jede Verantwortung für die Toten von sich gewiesen, zugleich aber eine Untersuchung versprochen.
UN verurteilt Gewalt
Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, zeigte sich entsetzt über das Vorgehen gegen Demonstranten im Iran. Die vorliegenden Informationen zeugten von einer maßlosen Gewalt der Sicherheitskräfte und der Basij-Milizionäre, erklärte die südafrikanische Juristin am Mittwoch in Genf. Sie sei "schockiert über diesen Schwall von Todesfällen, Verletzungen und Verhaftungen". Pillay rief die Regierung in Teheran auf, den Menschen das Recht auf friedliche Proteste zuzugestehen.
(Ag.)