Ernährungswissenschaft

Äpfel gegen Gummibärchen

Studierende an der FH Gesundheit in Innsbruck bereiten Informationen zu Nährstoffen und Portionsgrößen auf.
Studierende an der FH Gesundheit in Innsbruck bereiten Informationen zu Nährstoffen und Portionsgrößen auf.(c) FH Gesundheit/Günter Wett
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Adipositas – nach der jüngsten WHO-Studie wieder ins allgemeine Bewusstsein gerückt – ist ein Schwerpunkt diätologischer Ausbildungen, auch in Zusammenhang mit der Ernährung von Kindern und Jugendlichen.

Die kürzlich veröffentlichte WHO-Studie zum Übergewicht von Kindern und Jugendlichen liefert zwar für Österreich weniger dramatische Ergebnisse als etwa für die USA, ließ aber dennoch aufhorchen: durch stetig steigende Zahlen vor allem übergewichtiger Buben (auf elf Prozent im Jahr 2016), aber auch Mädchen (knapp sieben Prozent), und zudem durch deutlich schlechtere Ergebnisse als etwa die Schweiz.

„Adipositas im Kindesalter wird immer mehr zum Problem“, sagt Anna Elisabeth Purtscher, Leiterin der Diätologie-Ausbildung an der Tiroler Fachhochschule Gesundheit. Hier seien Diätologen gefragt wie nie zuvor.

In den Praxisprojekten des Bachelorstudiengangs befasse man sich daher mit Ernährungsaufklärung in Schulen, mit der gesunden Jause im Kindergarten, Ernährungsschulungen für angehende Kindergartenpädagogen, aber auch mit anderen Bildungsinstitutionen oder interessierten Personengruppen. „Im Zuge dieser Projekte zur Ernährungsbildung bereiten sich die Studierenden auf das eigenverantwortliche Arbeiten vor“, sagt Purtscher. Im Bachelorstudium beschäftige man sich zudem „sowohl mit der Prävention als auch mit der Ernährungstherapie der Adipositas im Kindes- und Erwachsenenalter – von den medizinischen Grundlagen über die Ernährungstherapie, Speiseplangestaltung und Energie- und Nährstoffberechnung bis hin zur zielgruppenorientierten Beratung und Schulung.“

Auch im Masterlehrgang „Klinische Diätologie“, der ab Herbst 2018 angeboten werden wird, sei Adipositas ein zentrales Thema in der klinischen Ernährung bei nicht übertragbaren Erkrankungen, der Ernährungstherapie im Stoffwechselbereich sowie im Rahmen von Ernährungsprojekten.

Essverhalten ändern

Der Masterlehrgang ist als fachliche Vertiefung für bereits im Beruf stehende Diätologen konzipiert. „Auch hier legen wir einen Schwerpunkt auf die Ernährungskommunikation, die einen entscheidenden Beitrag zur Änderung des Verhaltens leistet“, sagt Purtscher. In der Forschung beschäftigt sich der Studiengang Diätologie vorwiegend mit der Erhebung des Ernährungszustandes.

Ein kompaktes Programm, das speziell Mitarbeitern in der außerschulischen Jugendarbeit Wissen und Tools an die Hand geben will, ist der neue einsemestrige Zertifikatslehrgang Jugend-ErnährungsmentorIn, der von der FH St. Pölten gemeinsam mit der Universität Wien konzipiert wurde und kürzlich erste Absolventen hervorbrachte. Der Lehrgang ziele zwar nicht auf ein eigenständiges Berufsbild ab, wie etwa Ausbildungen in Psychologie, Diätologie oder Ernährungswissenschaft, wolle aber für Schnittstellen zu Fachexperten in diesen Disziplinen sensibilisieren, sagt Gabriele Karner, Lehrgangsleiterin an der FH St. Pölten. Außerdem sollen Basiswissen im Bereich der gesunden Ernährung Jugendlicher sowie Ernährungsdidaktik und die Umsetzung von Praxisprojekten vermittelt werden. „Die Inhalte orientieren sich an den Anforderungen im sozialintegrativen Bereich der außerschulischen Jugendarbeit“, so Karner. Das erworbene Wissen sei gut in den Arbeitsalltag zu integrieren, sagt Petra Rust, Lehrgangsleiterin an der Universität Wien, etwa beim gemeinsamen Einkaufen und Kochen mit Jugendlichen, wobei gesunde Ernährung auch unter ökonomischen Gesichtspunkten thematisiert werden könne.

Pausensnack thematisieren

Ebenso könne beispielsweise aufs Tapet kommen, welche Getränke in einer Einrichtung Jugendlichen zur Verfügung stünden oder was zwischendurch angeboten werde – Äpfel oder Gummibärchen? „Möglich sind in außerschulischer Jugendarbeit auch Diskussionen oder kleine Projekte zu Essenstrends oder Mythen“, sagt Rust.

Am häufigsten kämen in der außerschulischen Jugendarbeit Ernährungsprobleme zum Tragen, die mit mangelndem Wissen der Jugendlichen zusammenhingen, sagt Elisabeth Höld, die an der FH St. Pölten das Projekt GAAS leitet. „Der Konsum von Softdrinks und Fast Food ist recht hoch. Auch Essstörungen treten in diesem Alter häufig auf.“ Das Projekt GAAS soll die Gesundheitskompetenzen von Jugendlichen fördern, die sich nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung befinden. Im Rahmen dieses Projekts wurde der Zertifikatslehrgang entwickelt.

Ein mit Ernährung Hand in Hand gehender Aspekt der Kinder-, aber auch der Erwachsenengesundheit ist Bewegung. An der Donau-Universität Krems widmet sich der Universitätslehrgang „Ernährung und Sport“ dieser Themenkombination. Das Zusammenspiel von Ernährung und Bewegung, gerade bei Kindern, sei Bestandteil des Curriculums von „Ernährung und Sport“, aber auch des Lehrgangs „Klinische Ernährungsmedizin“, sagt Christiane Fischer, die beide Lehrgänge leitet. Wie wichtig dieses Thema ist, zeige auch die erwähnte WHO-Studie. „Wir sind froh, dass wir unter unseren Studierenden auch Lehrpersonen haben, die das Thema Ernährung und Sport im Zusammenhang an ihren Schulen umsetzen.

Dazu werden auch immer wieder Masterthesen verfasst, die weiteren Einrichtungen Anregungen zur Umsetzung geben“, sagt Fischer. Der Lehrgang wird laut der Expertin vor allem von Ernährungs- oder Sportwissenschaftlern, Diätologen, Physiotherapeuten, Personen aus der Pflege und Pädagogik, aber auch Trainern und Leistungssportlern besucht. Er führt – genauso wie der Universitätslehrgang „Klinische Ernährungsmedizin“ – in fünf Semestern berufsbegleitend zum Master of Science.

Web: www.donau-uni.ac.at,
www.fhg-tirol.ac.at, www.fhstp.ac.at/ljem

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2017)

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