Ferrero-Waldner: "Auch Deutsche versuchten, mich fertigzumachen"

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Die ehemalige Außenministerin erzählt in ihrem neuen Buch über ihre Erlebnisse während der Sanktionen gegen die schwarz-blaue Regierung. Sie sei "empörend behandelt" worden.

In ihrem neuen Buch, „Benita – Wo ein Wille, da ein Weg“ (Böhlau-Verlag), befasst sich die frühere ÖVP-Außenministerin und EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner ausführlich mit den Sanktionen gegen die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000. Sie habe „Ausgrenzungen und Beleidigungen“ erlebt, erzählt sie. Österreichs Regierung sei damals von den 17 EU-Partnern der Dialog verweigert worden, und es sei ihr keine Erklärungsmöglichkeit eingeräumt worden. Es wurde ein Exempel statuiert, ohne „audiatur et altera pars“.

Die langjährige Diplomatin erinnert sich in dem am Montag präsentierten Buch an konkrete Anfeindungen, an Isolierungen und daran, wie sie  „empörend behandelt" wurde. Bei der Eröffnung der EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Wien im April 2000 war die Bundesregierung etwa nicht eingeladen gewesen. Ferrero-Waldner ging als zuständige Außenministerin uneingeladen zum Festakt und wurde daraufhin von Agenturchefin Beate Winkler öffentlich als „unerwünscht“ deklariert.

"Kühle Szenen"

Als OSZE-Vorsitzende im Sanktionsjahr erlebte die damalige Außenministerin „kühle Szenen“. „Franzosen, Belgier, aber auch Deutsche versuchten, mich fertigzumachen.“ Namentlich nennt sie Präsident Jacques Chirac, Premier Lionel Jospin und Europaminister Pierre Moscovici („die treibende Kraft“). In der deutschen Rot-Grün-Regierung verweigerte Bundeskanzler Gerhard Schröder ein Treffen mit Wolfgang Schüssel. Außenminister Joschka Fischer brüskierte sie. Er entschuldigte sich später, so Ferrero-Waldner. Aus der Union, vor allem der CSU, kamen hingegen Sympathiebezeugungen.

„Unmöglich“ habe sich ihr belgischer Amtskollege, Louis Michel, mit seinem Skiurlaubboykott verhalten. Auch von ihm kam später eine Entschuldigung. Skeptisch seien dagegen die Briten den Sanktionen gegenübergestanden. Beim EU-Gipfel im Juni 2000 in Portugal habe sich dann bereits Unmut über die ergriffenen Maßnahmen aufgestaut. Man suchte einen Ausweg, fand ihn im „Weisenrat“, der Österreich freisprach.

Das Buch wurde von Benita Ferrero-Waldner gemeinsam mit dem früheren "Presse"-Journalisten und Deutschland-Korrespondenten Ewald König erarbeitet.

(APA)

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