ÖFB-Team: Variabler Trumpf für das Mittelfeld

Fußball einmal anders, aber trotzdem Volley oder mit Kopf: das ÖFB-Team übt auf Marbella.
Fußball einmal anders, aber trotzdem Volley oder mit Kopf: das ÖFB-Team übt auf Marbella.(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Florian Grillitsch hat sich nach dem Wechsel im Sommer bei Hoffenheim eingespielt. Beim 22-Jährigen geht Kopf vor Kraft, er kann die Rolle im Zentrum defensiv wie offensiv füllen.

Marbella/Wien. In Marbella feilt Teamchef Franco Foda an seinem Plan für das Nationalteam, Absagen und Rücktritte haben die Aufgabe freilich nicht leichter gemacht. Es gilt, verschiedene Baustellen im Nationalteam in Angriff zu nehmen, nach dem Abschied von Zlatko Junuzović und den Ausfällen von David Alaba und Stefan Ilsanker herrscht auch im Mittelfeld Handlungsbedarf. Im Gegensatz zur Position des Stürmers oder Linksverteidigers stehen Foda hier zahlreiche Alternativen zur Verfügung: Florian Grillitsch, Florian Kainz, Valentino Lazaro, Louis Schaub, Philipp Schobesberger oder Alessandro Schöpf bieten sich als Optionen an.

Hoffenheim-Legionär Grillitsch hat mit starken Leistungen seine Ambitionen auf den Platz neben Julian Baumgartlinger, der von Foda als Kapitän bestätigt wurde und damit gesetzt scheint, untermauert. Der 22-Jährige hat nach dem Wechsel im Sommer seinen Platz beim Europa-League-Starter gefunden. Dank seiner technischen Fertigkeiten, seines guten Auges und robuster Statur (1,87 Meter) gilt der Niederösterreicher als Mittelfeld-Allrounder. „Ich kann auf der Sechs, Acht oder Zehn spielen, fühle mich aber auf der Sechs oder Acht am wohlsten“, meinte Grillitsch.

Steter Aufstieg

Grillitsch durchlief alle ÖFB-Nachwuchsauswahlen von der U17 bis zur U21 (34 Einsätze) und war Teil der WM-Mannschaft von Andreas Heraf – damals noch auf dem Flügel eingesetzt – für die U20-Endrunde 2015. Nach dem A-Teamdebüt im März im Freundschaftsspiel gegen Finnland stand er in den letzten drei WM-Qualifikationsspielen in der Startelf und demonstrierte seine Variabilität: Gegen Georgien und Moldau trat er als Defensivmann neben Baumgartlinger auf, gegen Serbien fungierte er in offensiverer Rolle vor der Doppelsechs.

Der gebürtige Neunkirchner besuchte die Akademie in St. Pölten und wechselte als 18-Jähriger zu Werder Bremen. Über die zweite Mannschaft schaffte er 2015 den Sprung ins A-Team und stieg in der folgenden Saison zur Stammkraft auf. Nach zwei Spielzeiten im Abstiegskampf strebte er nach einer Veränderung und verlängerte daher seinen in diesem Sommer auslaufenden Vertrag in Bremen nicht. Trotz Angeboten aus der Premier League entschied er sich für den Verbleib in Deutschland. „England wäre zu früh gekommen, außerdem glaube ich, dass die Bundesliga meiner Art Fußball mehr entgegenkommt“, erklärte er damals.

Temperament auf dem Acker

Die internationale Perspektive in Hoffenheim und insbesondere die Ideen von Jungtrainer Julian Nagelsmann überzeugten den Niederösterreicher, der einen Kontrakt bis 2021 unterschrieb. Den erst 30-jährigen TSG-Chefcoach beschreibt Grillitsch als jungen, dynamischen Trainer mit klarer Philosophie. „Man muss sehr oft den Kopf einschalten.“ Dementsprechend habe er eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigt, Nagelsmann forderte von seinem eher ruhigen Neuzugang, „mehr Temperament auf den Acker zu kriegen“.

Die Vorbereitung wurde durch eine Reizung im Mittelfuß gestört, doch nach zwei Kurzeinsätzen gab Grillitsch Anfang Oktober sein Startelf-Debüt in der Liga. Spätestens mit seiner Leistung beim 3:0-Sieg gegen Köln am vergangenen Wochenende dürfte er als Balleroberer und stets anspielbarer Verteiler – Zweikampfquote (67 Prozent) und Passquote (96 Prozent) waren jeweils Topwert – seine Kritiker überzeugt haben. Das äußerst positive Feedback von Nagelsmann möchte Grillitsch jedoch nicht überbewertet wissen. „Lob tut immer gut, doch ich will nicht nur wegen eines Spiels sagen, dass ich angekommen bin. Es wird sicher wieder Spiele geben, bei denen ich nicht so gut bin, aber ich werde immer 100 Prozent geben.“

Foda weiß um Grillitschs Qualitäten, nicht umsonst wollte er ihn in jungen Jahren zu Sturm Graz lotsen. Dessen Entwicklung würde für sein Auge für Spieler sprechen, meinte der Deutsche schmunzelnd. Nun soll die gemeinsame Arbeit zum Erfolg führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2017)

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