Berlins Partner: Bei Märklin entgleist

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Der Fonds Kingsbridge hat sich beim insolventen Modelleisenbahnbauer den Ruf des „Abzockers“ eingehandelt und taucht auch in der Constantia-Affäre auf.

Wien. Angeschlagene Firmen billig kaufen, eventuell filetieren und um ein Vielfaches weiterverkaufen. Anders gesagt: einfallen, abgrasen, weiterziehen. Mit dieser Vorgangsweise haben sich Finanzinvestoren den Ruf von „Heuschrecken“ eingehandelt. Dieses Muster beherrscht auch der Fonds Kingsbridge mit Sitz auf Jersey, der als Partner von Tilo Berlin beim Aufstellen der illustren Investoren-Gruppe für die Hypo Alpe Adria fungierte, perfekt.

Mit einem Investment kamen Kingsbridge und dessen Chef Mathias Hink allerdings gehörig ins Trudeln: Märklin. Der traditionelle Modelleisenbahnbauer musste am 4. Februar 2009 Insolvenz anmelden. Die Banken – allen voran die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) – hatten die Kreditlinien über 50 Mio. Euro gesperrt. Über die LBBW könnten sich Berlin und Hink auch kennengelernt haben, denn Berlin werkte einst für die LBBW.

Noch eine Spur führt nach Österreich: Kingsbridge taucht auch in der Affäre um die Constantia Privatbank und die Immofinanz im Zusammenhang mit vermutlichen Scheinaktiengeschäften auf.

2006 sind Kingsbridge und Goldmann Sachs bei Märklin, die auch damals vor der Pleite stand, eingestiegen. Die Euphorie der Mitarbeiter, die für einen Zuschlag an die „Heuschrecke“ sogar demonstrierten, wurde bald bitter enttäuscht. Statt des Turnarounds gab es Kündigungen, Produktionen wurden nach Osteuropa und China ausgelagert. Was wirklich stieg, waren nicht Umsatz und Ertrag, sondern die Kosten – genauer gesagt, Beraterhonorare. Vier Millionen Euro wurden allein 2008 für externe Hilfe ausgegeben – eine riesige Summe für das kleine Unternehmen. Prompt hieß es, Kingsbridge wolle nicht sanieren, sondern abwickeln, zumal auch die Partnerschaft mit Goldman Sachs tiefe Risse bekommen hatte.

Als Insolvenzverwalter Michael Pluta den Scherbenhaufen aufkehrte, nahm er sich kein Blatt vor den Mund: 40 Millionen Euro seien für Beraterhonorare ausgegeben worden. Astronomische Geschäftsführer- und Aufsichtsratsbezüge, sündhaft teure Darlehen und Bestandsverminderungen zu Schleuderpreisen rundeten das Bild ab. Hink dementierte mit dem Hinweis, dass die Pleite die Eigentümer 61 Millionen Euro koste.

Eine Lücke, die sich wieder füllen lassen dürfte: Kingsbridge ist größter Aktionär des maroden Strumpferzeugers Kunert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2010)

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