Missbrauchsvorwürfe: ÖSV-Damen thematisieren Vorwürfe in Nordamerika

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Der Cheftrainer der ÖSV-Damen, Jürgen Kriechbaum, verurteilt sexuelle Übergriffe und "Pauschalverdächtigungen, wenn es Unschuldige betrifft" gleichermaßen. Ob es Verfehlungen in seinem Team gebe? "Ich kann natürlich nicht jedes Zimmer kontrollieren."

Bei Österreichs in Nordamerika weilenden Damen-Alpinteams hat man auf die in der Heimat erhobenen Missbrauchsvorwürfe reagiert. "Wir haben das natürlich intern thematisiert. Wenn so ein Thema von außen in unser Damenteam hereingetragen wird, ist das unbedingt erforderlich", erklärte Damen-Rennsportleiter Jürgen Kriechbaum gegenüber der APA in Killington. An der US-Ostküste finden kommendes Wochenende zwei Damen-Technikrennen statt. Trotz der großen Distanz zur Heimat wurde die aktuelle Situation von der Teamführung mannschaftsintern angesprochen.

Kriechbaum findet Vergangenheitsbewältigung wichtig. "Ich bin aber doch etwas überrascht, wie einfach Verdächtigungen in den Raum gestellt werden. Diese Vorgangsweise macht etwas nachdenklich", sagte der Damenchef und bezog sich damit vor allem auf Nicola Werdeniggs jüngsten Hinweis auf einen angeblichen Missbrauchsfall beim ÖSV aus dem Jahr 2005: "Pauschalverdächtigungen, wenn es Unschuldige betrifft, sind unangebracht und ebenfalls zu verurteilen."

Kein Platz für "Spannungen infolge von Übergriffen"

Zur Situation im aktuellen Damenteam könne er sagen, dass für jeden Mannschaftsteil, von den Läuferinnen über die Trainer und Serviceleute bis zu den Physios, ein gutes Mannschaftsklima enorm wichtig sei. "Nur so kann man maximale Leistung abrufen."

Kriechbaum, gebürtiger Oberösterreicher, ist seit 1993 Trainer beim ÖSV und lebt in Tirol. Der Magister der Philosophie hat nach vielen Jahren als Herren-Coach sowie zwei Jahren am Skigymnasium Stams 2013 von Herbert Mandl die Alpinski-Damen übernommen und kennt sich als Akademiker und Lehrer auch mit Wechselwirkungen zwischen Trainern und Sportlerinnen wie Sportlern aus: "Es ist extrem wichtig, dass diese optimal funktionieren, sonst wird sich Erfolg keinesfalls einstellen. Da haben Spannungen infolge von Übergriffen welcher Art auch immer keinen Platz."

"Ich kann natürlich nicht jedes Zimmer kontrollieren"

"Man tut jetzt irgendwie so, als ob das gang und gäbe wäre. Wenn es disziplinäre Vergehen gibt, sind die Trainer die Ersten, die rausgeschmissen werden", sagte Kriechbaum der APA weiter. "Bei so einem sensiblen Thema muss man Betreuer, aber auch die Läuferinnen in Schutz nehmen und darf jene, die geradlinig und ehrlich arbeiten, nicht unter einen Generalverdacht stellen."

Auf die Frage, ob er Verfehlungen im eigenen Team ausschließen könne, sagte Kriechbaum: "Ich kann natürlich nicht jedes Zimmer kontrollieren. Jeder und jede Läuferin hat Privatsphäre und die muss aufrecht bleiben."

Keine Garantien

Laut Kriechbaum fallen die wichtigsten Entscheidungen schon bei der Auswahl der Mitarbeiter: "Für mich als Verantwortlichen gilt es, ein Trainerteam auf die Beine zu stellen, dem man vertrauen kann, und das diese Hierarchie auch nicht im Sinne von unangebrachter Machtausübung ausnutzt, sondern versucht, mit den Sportlerinnen auf Augenhöhe zu arbeiten." Nur so könne es zu wirklich erfolgreichen Wechselwirkungen kommen. "Am ganzen Prozess der Leistungsentwicklung sind viele Menschen beteiligt, da spielt dieses Zusammenwirken eine enorm große Rolle."

Garantien, dass es nicht zu Verfehlungen komme, könne man natürlich keine geben. "Das kann man nicht einfach so überprüfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Trainer und die Läuferinnen vernünftig handeln und mit gegenseitigem Respekt agieren. Wenn das nicht der Fall ist, treten intern merkbare Spannungen auf, die der Leistungsentwicklung nicht zuträglich sind."

Skiteams würden im Schnitt an die 150 Tage im Jahr gemeinsam unterwegs sein, betonte Kriechbaum. "Da spielt das Klima und der Teamgeist eine ganz wichtige Rolle und deshalb legen wir großes Augenmerk darauf, dass man sich innerhalb der Mannschaft mit großem Respekt begegnet."

(APA)

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