Tesla baut den Elektro-Truck: Was hält ein Trucker davon?

„Überragend“ die Sicht von der zentralen Sitzposition des Tesla Semi – der Profi widerspricht. Elon Musk bei der Vorstellung eines Truck-Prototypen.
„Überragend“ die Sicht von der zentralen Sitzposition des Tesla Semi – der Profi widerspricht. Elon Musk bei der Vorstellung eines Truck-Prototypen.imago/ZUMA Press
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Tesla-Chef Elon Musk hat unter viel Applaus den Prototypen eines elektrischen Trucks präsentiert. Aber was hält ein echter Trucker davon?

Der Kapitalmarkt basiert maßgeblich auf Erwartungen – man könnte auch sagen: auf dem Glauben. Keiner hat das besser verinnerlicht als Tesla-Chef Elon Musk, der es niemals still werden lässt um seine Unternehmungen. SpaceX, Hyperloop, elektrischer Megasportwagen, gekonnt legt er den Fokus auf die Zukunft.

Nun ein Lastwagen: Schlagzeilen um einen bevorstehenden Einstieg ins Frachtgeschäft mit einem elektrischen Truck namens Tesla haben den alarmierenden Kapitalverbrauch des Unternehmens wirkungsvoll in den Hintergrund gedrängt.

Die Investoren scheinen in ihrer Verzückung sowieso unerschütterlich: Gemäß Bloomberg legte die Aktie zuletzt zu; Tesla, mit einem Umsatz von sieben Mrd. Dollar, ist an der Börse 53 Mrd. Dollar wert. Die Ford Motor Company, die rund 150 Mrd. Dollar im Jahr umsetzt, kommt auf 48 Milliarden.

Das sind jedoch Zahlenspiele der höheren Finanzwelt. Wesentlich mehr Bodenhaftung zeigen Anmerkungen, die ein Brummi-Fahrer im US-Branchendienst „Autoblog“ zum Tesla Semi hinterlassen hat. Demgemäß würde der E-Truck, von Tesla kühn für 2019 angesagt, von echten Truckern weniger gnädig angenommen.


Werksverkehr. Zur Ankündigung, der Semi würde 800 Kilometer weit selbst bei voller Beladung kommen, wurde bereits in Fachkreisen gewitzelt: Sicherlich, wenn mit voller Beladung die eigenen Batterien gemeint sind. Analysten bemerkten indes, dass ausgerechnet die unter hohem Kostendruck stehende Transportsparte kaum für teure Extravaganzen empfänglich sei.

Unser Trucker stellt eingangs klar, dass der Semi nicht für den Fernverkehr gedacht sein könne, sondern für den erweiterten Werksverkehr. Auf einem Hafenterminal etwa könnte das elektrische Prinzip eine Reihe von Vorteilen verbuchen: viel Warte- und Stehzeiten, Stop-and-go, Kurzstrecken.

Die von Musk in Aussicht gestellten 20 Prozent Ersparnis auf Diesel-Lkw bezögen sich auf eine 100-Meilen-Fahrt: „50 Meilen hin, 50 zurück. Die großen Trucks spulen aber 2000 bis 5000 Meilen in der Woche ab.“

Empfindlich trifft den Profi die zentrale Sitzposition im Semi, die Musk als „überragend“ und außerdem günstiger in der Produktion anpries, weil Links- und Rechtslenker-Varianten entfielen. „Ich wüsste nicht, wie das einem Fahrer helfen sollte“, schreibt der Trucker, „ich sitze in meinem Truck schon überragend, nämlich fast zwei Meter über dem Verkehr.“ Das zentrale Sitzen wäre vielmehr schon ein Hindernis, den eigenen Truck zu sehen: „Ich kann nicht einmal bei der Seite hinausschauen, ob da unten nicht ein Toyota Corolla kampiert.“

Hinderlich wäre die zentrale Sitzposition beim Rangieren im Retourgang: „Wenn ich nach hinten schiebe, muss ich beide Seiten des Zugs über die Rückspiegel sehen können, dazu lehne ich mich auch aus dem Fenster, um nach hinten zu sehen. Ich habe acht Spiegeln auf meinem Truck, viele Kollegen haben noch mehr.“

Der Semi ist aber ganz ohne Außenspiegel konzipiert, um eine bessere Aerodynamik zu erzielen. Doch lediglich Kamerabilder auf Bildschirmen wären für genannte Manöver unbrauchbar, und: „Leuchtende Displays statt Außenspiegel, das killt deine Augen während einer Nachtschicht!“

Schließlich wäre mittiges Sitzen hinderlich beim Hinterherfahren hinter anderen Trucks, an denen man dann nicht mehr vorbeisehen könne.

„Wie soll man mit Portieren, Beamten, Papierkram am Schranken verfahren, wenn man sich nicht aus dem Fenster lehnen kann? Kann man diese Fenster überhaupt öffnen? Offenbar nicht . . . Leute, das ist inakzeptabel.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2017)

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