Wird der Papst „Rohingya“ sagen?

Es ist eine heikle Auslandsreise: Papst Franziskus kam am Montag in Burma an.
Es ist eine heikle Auslandsreise: Papst Franziskus kam am Montag in Burma an. (c) APA/AFP/VINCENZO PINTO (VINCENZO PINTO)
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Papst Franziskus beginnt seine bisher heikelste Auslandsreise. Er besucht einen Staat, dem „ethnische Säuberungen“ zur Last gelegt werden. Welche Worte wird er wählen?

Bangkok/Naypyidaw. Es sind schöne Bilder, die am Montag aus Burma kamen. Kleine Mädchen begrüßten Papst Franziskus schon am Flughafen und brachten ihm Blumen, mit offenem Fenster ließ sich das Kirchenoberhaupt durch die ehemalige Hauptstadt Rangun fahren. „Liebe und Frieden“ stand auf den T-Shirts einiger Papst-Anhänger. Doch die scheinbar entspannte Atmosphäre konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Franziskus seine vielleicht schwierigste Auslandsreise meistern muss.

Das Kirchenoberhaupt reist in dieser Woche durch ein Land, das den Vereinten Nationen zufolge wegen seines Vorgehens gegen die muslimische Minderheit Rohingya für eine der „größten humanitären Krisen unserer Zeit“ verantwortlich ist. Erst vergangene Woche hatte US-Außenminister Rex Tillerson dem Gastgeberland vorgeworfen, es betreibe mit der Verfolgung der Rohingya „ethnische Säuberungen“.

Dabei traf sich der Papst bereits am Tag seiner Anreise mit dem Mann, den Beobachter für den Hauptverantwortlichen für die Krise sehen: dem burmesischen Oberbefehlshaber, Min Aung Hlaing. In den vergangenen Wochen haben mehrere westliche Staaten gegen den General Sanktionen verhängt, in die EU darf er nicht mehr einreisen. Am heutigen Dienstag führt das Kirchenoberhaupt außerdem Gespräche mit Staatschefin Aung San Suu Kyi. Die Friedensnobelpreisträgerin geriet aufgrund der Krise zuletzt international immer stärker in die Kritik. Auch ehemalige Anhänger werfen ihr mittlerweile vor, dass sie sich radikalen Buddhisten und Sicherheitskräften nicht ausreichend entgegenstelle, was die Rohingya betrifft.

Mit Spannung wird dabei erwartet, ob der Papst bei seinen geplanten öffentlichen Auftritten die verfolgte muslimische Minderheit als „Rohingya“ bezeichnen wird. In früheren Reden hat er das Wort bereits verwendet – und sich damit Ärger mit der katholischen Kirche in Burma eingehandelt. Denn Burma lehnt den Begriff kategorisch ab. Der Staat erkennt die Rohingya nicht als Minderheit an, sondern sieht in ihnen illegale Einwanderer aus Bangladesch. Die Rohingya zählen deswegen auch nicht als Staatsbürger des Landes – einer der größten Streitpunkte der Krise. So warnte ein katholischer Kardinal bereits vor der Reise, die Bezeichnung zu verwenden: Das würde die Stimmung nur noch weiter anheizen, befürchtet er.

Viel zu früh für eine Rückkehr?

Entgegen den Schlagzeilen von vergangener Woche ist die Krise noch lange nicht gelöst. Am Donnerstag vereinbarte Suu Kyi mit dem bangladeschischen Außenminister, Abul Hassan Mahmud Ali, dass die Rohingya zwar wieder nach Burma zurückkehren sollen; hinter der Vereinbarung bleiben jedoch viele Fragezeichen. So haben sich die Parteien zwar darauf geeinigt, dass die Rückkehr in etwa innerhalb zweier Monate beginnen soll. Doch wann sie abgeschlossen wird, das haben die Parteien nicht festgelegt.

Es wäre jedenfalls eine kleine Völkerwanderung, nun in die andere Richtung: Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge haben sich insgesamt rund 620.000 Rohingya in das Nachbarland geflüchtet. Der Großteil von ihnen erst in den vergangenen Monaten.

Darüber hinaus sollen sich die Flüchtlinge ausweisen. Doch viele Rohingya dürften die nötigen Dokumente gar nicht mehr haben – falls ihnen Burma überhaupt jemals die notwendigen Papiere aushändigte. Fraglich bleibt auch, ob künftig für die Sicherheit der Minderheit in dem Land gesorgt ist. Angesichts zerstörter Dörfer ist auch unklar, wie die Rückkehrer in ihrer alten Heimat überhaupt untergebracht werden sollen. „Es ist viel zu früh, über eine Rückkehr zu sprechen, während noch immer Rohingya-Flüchtlinge über die Grenze nach Bangladesch kommen“, sagt Charmain Mohammed, Direktor für den Bereich Migration bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Nächster Halt: Bangladesch

Er vergleicht die Situation in Burma mit dem Apartheidsregime in Südafrika – es sei sogar noch schlimmer. „Tausende werden in Lagern gehalten, in denen die Bedingungen wie in einem Konzentrationslager sind“, sagt der Aktivist. Wie offen der Papst die Zustände nun kritisiert, bleibt abzuwarten. Dass er deutliche Worte finden muss, wird auch von dem Land erwartet, das er direkt nach Burma bereisen wird. Es ist mit der Aufnahme der Flüchtlinge immer stärker überfordert: Bangladesch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2017)

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