Analyse

Iran und Saudiarabien könnten im Jemen bald direkt aufeinanderprallen

Ein Houthi-Rebell besichtigt die Schäden in Jemens Hauptstadt Sanaa.
Ein Houthi-Rebell besichtigt die Schäden in Jemens Hauptstadt Sanaa. (c) APA/AFP
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Die Ermordung von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh zieht die Regionalmächte noch tiefer in den blutigen Bürgerkrieg.

Tunis/Sanaa. Sanaas Einwohner erlebten Tage und Nächte des Horrors. Stundenlang bombardierten saudische Kampfflugzeuge die jemenitische Hauptstadt. Mehrere Raketen trafen auch den Präsidentenpalast, der nahe am Weltkulturerbe-Zentrum liegt. In den Straßen lieferten sich Bewaffnete heftige Gefechte. Mehr als 200 Menschen starben. Mittlerweile sind die Kämpfe etwas abgeflaut, überall in der Stadt errichteten die Houthis Kontrollpunkte und postierten Panzer. Für Dienstagnachmittag trommelte die Führung ihre Anhänger zu einer Großkundgebung zusammen, um „die Niederschlagung der Verschwörung“ zu feiern, wie es in ihrem TV-Sender Al-Masirah hieß.

Seit dem gewaltsamen Tod von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh, der 48 Stunden zuvor seine Allianz mit den Houthis aufgekündigt hatte, wächst die Gefahr, dass die beiden regionalen Verbündeten der jemenitischen Bürgerkriegsparteien, Iran und Saudi-Arabien, direkt aneinander geraten könnten. „Nach ihrem Versuch, den Houthis den Teppich unter den Füßen wegzuziehen, müssen die Saudis nun entscheiden, ob sie verhandeln wollen in einem Klima von null Vertrauen, oder ob sie mit ihrer bisher weitgehend erfolglosen Militärkampagne weitermachen wollen“, schrieb Peter Salisbury, Jemen-Experte der Denkfabrik Chatham House. Saleh sei eine umstrittene Figur gewesen. „Aber er war auch die Person, die am ehesten fähig gewesen wäre, irgendeine Art von Einigung auszuhandeln.“ Sein Tod werde zu einer noch tieferen Polarisierung führen.

Und so schaltete sich auf Seiten der Houthi-Rebellen erstmals Irans Präsident Hassan Rohani in den Konflikt ein und drohte, das jemenitische Volk werde dafür sorgen, dass die Angreifer ihr aggressives Vorgehen bereuten. Einen scharfen Ton schlug auch der Chef der Revolutionären Garden, Mohammad Ali Jafari, an. Die „Saudi-Verräter“ würden versuchen, auf Befehl der USA und mit Israel als Komplizen Unsicherheit in der Region zu erzeugen. „Wir erlebten einen Putschversuch gegen die Houthis, der sofort niedergeschlagen wurde“, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars.

Saudiarabiens Regierung dagegen äußerte die Hoffnung, das jemenitische Volk werde sich nun gegen die „terroristischen Houthi-Milizen“ erheben, die vom Iran unterstützt würden. Salehs Sohn rief zur Rache gegen die Houthis auf. Und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit. erklärte, die Ermordung des Ex-Präsidenten offenbare die kriminelle Natur und Menschenverachtung der Houthis. Derweil gab der im saudischen Exil lebende jemenitische Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi seinen Regierungstruppen den Marschbefehl. Sollten die sieben in der Provinz Marib stationierten Bataillone Sanaa angreifen, droht der Bevölkerung zwischen den Fronten ein Blutbad.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2017)

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