Jubiläum des Südtiroler Abfahrtsklassikers

Herrenabfahrt in Gröden 2013
Herrenabfahrt in Gröden 2013imago/Eibner
  • Drucken

Die Fahrt auf der Saslong zählt zu den Highlights des Winters, sie verlangt den Athleten mit Flachstücken, Sprüngen und den Kamelbuckeln alles ab. Überraschungen gibt es häufig, nur die Lokalmatadore siegen selten.

Gröden. Zum 50. Mal macht der Ski-Weltcup an diesem Wochenende in Gröden Station. 1967 bekam das beschauliche Südtiroler Tal beim FIS-Kongress in Beirut den Zuschlag für die Ski-Weltmeisterschaft 1970, damit war der Startschuss für den Weltcup-Betrieb auf der Saslong-Piste erfolgt. 54 Abfahrten, 16 Super-G sowie einige Technikrennen und Kombinationen fanden seit dem ersten Herren-Weltcup in der Saison 1968/69 statt. Längst hat sich Gröden als Speedklassiker in Europa etabliert, zählt die Fahrt von der Bergstation am Ciampinoi über Mauer, Kamelbuckel und Ciaslat nach St. Christina hinab zu den Highlights des Winters.

„Für die Rennläufer ist Gröden eine ganz besondere Station, weil man hier die Geschichte förmlich aufsaugt“, meint Kristina Ghedina. Der Italiener, der 2004 auf dem Zielschuss plötzlich ein Reh vor sich erblickte, und die rot-weiß-rote Ski-Legende Franz Klammer sind mit jeweils vier Abfahrtssiegen Rekordhalter. Saslong-Rekordgewinner ist der Norweger Aksel Lund Svindal, der 2009, 2012, 2013 und 2015 den Super-G gewann, 2015 auch die Abfahrt. Mit ihrem Wechselspiel aus Sprüngen, Wellen und Flachstücken zählt die Saslong zu den selektivsten im Weltcup und verlangt von den Läufern ganz unterschiedliche Fertigkeiten. „Gröden hat einfach lange Gleitstücke drin. Das ist ganz schwer zum Üben und zum Erlernen, dieses Feeling für den Ski, damit er flach läuft“, nennt ÖSV-Rennsportleiter Andreas Puelacher ein Kriterium, das vor allem im oberen Teil entscheidend ist.

Blindflug als Mutprobe

„Es braucht sehr viel Mut, um sich hier blindlings in die vielen Sprünge zu werfen. Man braucht Vertrauen in sich selbst und muss wissen, was man tut“, hielt der US-Amerikaner Steven Nyman, dreimaliger Sieger des Dolomiten-Klassikers, einmal fest. Berüchtigt sind die Kamelbuckel, die drei Höcker sind die spektakulärste Stelle der 3,4 Kilometer langen Strecke – an ihnen sind schon ganze Karrieren zerschellt. Vor dem ersten Überflug durch Uli Spiess im Training 1980 sprangen die Athleten dort noch vor jeder Erhebung ab. Mittlerweile wird der erste Buckel gedrückt oder umfahren, während man in Spiess-Manier vom zweiten über den dritten springt, der entschärft wurde. An die 70 Meter weit geht es dennoch, bei rund fünf Metern Luftstand.

Bekannt ist die Saslong auch wegen der oft überraschenden Sieger. „An keinem anderen Ort geschehen so viele Ski-Wunder wie in Gröden“, brachte es die Schweizer Zeitung „Blick“ einmal auf den Punkt. 1993 gewann mit der Startnummer 66 der Liechtensteiner Markus Foser, 2004 raste der Deutsche Max Rauffer zur Sensation. Nymans erster Erfolg 2006 hatte sich ebenfalls nicht abgezeichnet.

Die aktuelle Generation der ÖSV-Abfahrer stand in Gröden noch nicht häufig auf dem Podium. Dann kam Max Franz, der 2016 Svindal und Nyman hinter sich ließ. Für den Kärntner war es der erlösende erste Weltcupsieg. Die sportlichen Lokalmatadore haben mit der Saslong freilich noch ein paar Rechnungen offen. Denn kurioserweise gab es mit dem Sterzinger Herbert Plank 1977 erst einmal einen Südtiroler Sieger.

Das 50-Jahre-Jubiläum wurde in St. Christina bereits am 2. September mit Stars wie Ghedina, Plank und Peter Fill gefeiert. Am Freitagabend soll eine Show mit weiteren Ski-Helden und der Musik des Grödner Weltstars Giorgio Moroder im Zielbereich noch eins draufsetzen.

AUF EINEN BLICK

Der Abfahrtsklassiker auf der Saslong in Gröden erlebt heuer seine 50. Weltcupsaison, erstmals wurde 1968/69 im Südtirol Skiort gefahren.

Rekordsieger ist der Norweger Aksel Lund Svindal mit insgesamt fünf Erfolgen, vier im Super-G (2009, 2012, 2013, 2015) und einen in der Abfahrt (2015). Die Bestmarke an Abfahrtssiegen halten Franz Klammer und Kristian Ghedina mit jeweils vier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.