Was wäre, wenn Van der Bellen es wirklich vergessen hätte?

ANGELOBUNG DER OeVP-FPOe-BUNDESREGIERUNG: KURZ  / VAN DER BELLEN /  STRACHE
ANGELOBUNG DER OeVP-FPOe-BUNDESREGIERUNG: KURZ / VAN DER BELLEN / STRACHEAPA/ROBERT JAEGER
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Gerade noch rechtzeitig fielen dem Bundespräsidenten bei der Angelobung der neuen Regierung zwei Fehler auf. Hätte Österreich sonst keine rechtmäßige Bundesregierung?

Den Ruf, ein zerstreuter Professor zu sein, wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach der Angelobung der Bundesregierung wohl auch nicht los. Gleich zwei kleine Fehler musste er im Zuge der Angelobung wieder gutmachen. Doch was wäre gewesen, wenn dem Bundespräsidenten die Missgeschicke nicht rechtzeitig aufgefallen wären? Wären dann die neuen Minister nicht gültig im Amt?

Zuerst vergaß Van der Bellen, Heinz-Christian Strache die Hand zu geben und ihn um das Gelöbnis zu ersuchen. Van der Bellen hatte schon dem Nächsten in der Reihe, Bildungsminister Heinz Faßmann, die Hand gereicht, bevor der Bundespräsident den Fehler merkte und zum neuen Vizekanzler zurückging. Nachdem er dann doch allen Ministern die Gelöbnisformel abgenommen hatte, griff sich Van der Bellen auf den Kopf. Ihm fiel ein, dass die sogenannten Bestallungsurkunden für die Minister noch unterschrieben werden müssen.

"Gelöbnisformel in der Verfassung vorgesehen"

Hätte Van der Bellen Strache wirklich nicht das Gelöbnis sprechen lassen, wäre der FPÖ-Chef jetzt auch nicht Vizekanzler, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer. Dass der Präsident hier also rechtzeitig den Fehler erkannt hat, sei verfassungsrechtlich gesehen wichtig, meint Mayer im Gespräch mit der „Presse“. Nicht nötig wäre es aus juristischer Sicht gewesen, dass Van der Bellen Strache die Hand gibt, aber die Gelöbnisformel hätte man jedenfalls abnehmen müssen. "Die Gelöbnisformel ist in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen", betont auch Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk. Ohne diese sei man nicht gültig Minister.

Und wie wichtig waren die Bestallungsurkunden? Auch diese seien in der Verfassung vorgesehen und damit nötig, dass jemand Minister wird, meint Funk. In den Augen von Mayer wäre ein Versehen des Bundespräsidenten in diesem Punkt nicht ganz so schlimm gewesen. Wichtig sei für die Gültigkeit der Angelobung nur, dass jeder Minister vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt wird. Dabei reiche es aber, wenn der Bundeskanzler die  Minister mündlich vorgeschlagen hat, das müsse nicht unbedingt schriftlich verbrieft sein.

Und dass Sebastian Kurz der neue Kanzler ist, hatte Van der Bellen ja schließlich nicht vergessen. Kurz war schon zu Beginn der Zeremonie von Van der Bellen zum Kanzler ernannt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2017)

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