„Zwischen zwei Leben“: Kuschelnd durch die Wildnis

(c) Twentieth Century Fox
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Kate Winslet und Idris Elba überleben einen Flugzeugabsturz allzu schadlos.

Im klassischen Abenteuerfilm sah sich der Held in der Wildnis niemals mit einer ernsthaften Gefahr konfrontiert. War er in der westlichen Zivilisation aufgewachsen und zudem weiß, männlich, gebildet und kräftig, waren alle Hindernisse unverzüglich überwunden. In „Zwischen zwei Leben“ erfüllt der Held diese Voraussetzungen – bis auf eine: Er ist dunkelhäutig. Dass ihm eine selbstbewusste Frau als gleichberechtigte Mitstreiterin und Geliebte in spe zur Seite steht, markiert einen weiteren Bruch mit rassistisch-sexistischen Stereotypen. Dafür gebührt dem Palästinenser Hany Abu-Assad („Paradise Now“), der mit „Zwischen zwei Leben“ seinen ersten Hollywood-Film gedreht hat, durchaus Anerkennung. Darüber hinaus gibt sein Überlebensdrama aber nur wenig her.

Alex (exaltiert: Kate Winslet) und Ben (introvertiert: Idris Elba) kennen sich erst flüchtig, als sie in den Jet eines lokalen Privatpiloten steigen, weil ihr Airline-Flug wegen Sturmwarnung gestrichen wurde. Nachdem der Pilot inmitten von Turbulenzen einen Herzinfarkt erlitten hat, finden sich die beiden Passagiere in einer schneebedeckten Gebirgslandschaft wieder. Beim gemeinsamen Stapfen durch das endlos anmutende Flockenmeer schmelzen ihre Berührungsängste dahin, und sie entwickeln Gefühle füreinander – was sich ganz von selbst ergibt, wenn man kuscheln muss, um nicht zu erfrieren.

Die Botschaft, dass sich Menschen aufgrund von Hunger, Durst und Isolation nicht zwangsläufig in Mörder oder Kannibalen verwandeln müssen, ist erfrischend philanthropisch. Allerdings schauen die beiden Hauptfiguren niemals lädiert genug aus. Der physische Realismus fällt zu moderat aus. Dass die Charaktere nicht im Ansatz wahnsinnig oder apathisch werden, grenzt wiederum an Verbrämung. Im Rückblick könnte auch alles nur ein etwas rauerer Kennenlern-Survival-Trip gewesen sein. (m. t.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2017)

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