Schadet uns die US-Reform?

Wer muss Angst vor Trumps „großartigem Weihnachtsgeschenk“ haben? Österreichs Betriebe eher nicht, meint die IV.
Wer muss Angst vor Trumps „großartigem Weihnachtsgeschenk“ haben? Österreichs Betriebe eher nicht, meint die IV.APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
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Industrievertreter beschwichtigen: Trumps Steuerpläne treffen Österreich nicht hart. Indirekt könnte aber die Zuliefererbranche leiden.

Wien. Trump feierte. Er hatte den Amerikanern „große, wunderschöne Steuersenkungen zu Weihnachten“ versprochen – und sein Prestigeprojekt tatsächlich in letzter Minute und entgegen aller Unkenrufe vor dem Fest durch das Repräsentantenhaus gebracht.

Die Reaktion aus Deutschland erfolgte ebenso prompt vor den Feiertagen, und sie war eine gespaltene. Im Wirtschaftsministerium der Exportnation atmete man auf: die befürchtete Importsteuer enthält das Paket nicht. Die großen deutschen Autobauer, denen Trump zu seinem Amtsantritt Anfang des Jahres mit hohen Einfuhrzöllen drohte, sehen sich sogar in einer recht vorteilhaften Situation: Größen wie BMW oder Daimler, die längst nicht mehr in die USA importieren, sondern vor Ort produzieren, profitieren von der geplanten Senkung der US-Körperschaftssteuer von 35 auf 21 Prozent im selben Ausmaß wie ihre amerikanischen Mitbewerber.

Der Haken an der Sache

Allerdings gibt es einen Haken, den das deutsche Finanzministerium den erleichterten Stimmen vor Weihnachten entgegenhielt. Er heißt BEAT, kurz für Base Erosion Anti-Avoidance Tax. Die Steuer soll verhindern, dass ausländische Firmen die Gewinne ihrer US-Tochtergesellschaften durch den einen oder anderen Kniff – wie konzerninterne Zins-, Lizenz- oder Servicezahlungen – verringern. Multinationalen Konzernen droht bei steuerschonenden Praktiken laut übereinstimmenden Medienberichten in den USA ab 2018 mit der BEAT eine fünfprozentige Mindestabgabe auf konzerninterne Auslandszahlung. Ab 2019 sollen es zehn Prozent sein.

Das könnten auch österreichische Betriebe zu spüren bekommen, sagt Michael Löwy, Bereichsleiter für Internationale Beziehungen in der Industriellenvereinigung (IV). Zwar gelten für Austro-Größen in den USA wie etwa Voestalpine, Andritz oder Lenzing dieselben Steuervorteile wie für die deutschen Kollegen. Und zwar trifft die Regelung nur Firmen, die dort mehr als 500 Mio. Dollar (420 Mio. Euro) umsetzen. Aber die Unbekannte ist da.

Denn es bleibe abzuwarten, wie sich die BEAT auf deutsche Firmen auswirkt, denen die österreichischen zuliefern. Oder konkreter: auf einen Autobauer wie BMW, dessen weltweit größtes Motorenwerk im oberösterreichischen Steyr steht. So eine Kettenreaktion sei der größte Unsicherheitsfaktor in der Erstanalyse, sagt Löwy. Direkte negative Auswirkungen sieht der IV-Experte dagegen keine: „Es ist nicht davon auszugehen, dass die BEAT sich unmittelbar auf den Handel heimischer Unternehmen auswirkt.“

Kritik von EU-Finanzministern

Deutschlands Peter Altmaier hatte mit vier anderen europäischen Finanzministern bereits Mitte Dezember in einem Brief an US-Kollegen Steve Mnuchin Kritik an der BEAT geübt. Sie warnten, dass die USA dem Welthandel schaden und gegen Doppelbesteuerungsabkommen verstoßen könnten.

Während Europas Finanzchefs für mehr Zusammenarbeit werben, sieht der Präsident des deutschen Ifo-Instituts, Clemens Fuest, die Lage nüchtern: „Mit dieser Steuerreform folgen die USA dem internationalen Trend zu sinkenden Steuersätzen. Das verschärft den Wettbewerb um die Ansiedlung von Investitionen und Arbeitsplätzen.“ Deutschlands Industrie reagierte alarmiert. Joachim Lang, Chef des Bundesverbandes BDI fürchtet, dass ganze Konzernteile in die USA abwandern. Ein Hauptgrund aus seiner Sicht: die „Verschärfung für grenzüberschreitend tätige Unternehmen“. (loan/ag.)

AUF EINEN BLICK

Die Reaktion der Industrie auf Trumps Steuerreform ist entspannt. Doch auch wenn nun keine Importsteuer kommt und die Produktion in den USA steuerlich günstiger wird, bleibt ein Haken: BEAT. Die Base Erosion Anti-Avoidance Tax soll verhindern, dass Töchter ausländischer Firmen ihren US-Gewinn schrumpfen. Das könnte in einer Kettenreaktion heimische Zulieferer deutscher Firmen treffen, die in den USA hohe Gewinne schreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2017)

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