Rechnungshofbericht: Drei Länder als Umweltsünder

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Planlosigkeit, Negativtrends, Trägheit und Geldmangel. Ein vertraulicher Bericht des Rechnungshofs stellt Wien, Oberösterreich und Kärnten ein teilweise vernichtendes Urteil in Sachen Nachhaltigkeit aus.

WIEN. Es ist eines der sperrigsten Wörter des Jahrzehnts, trotzdem eines der zentralen Zukunftsthemen: „Nachhaltigkeit“. Dahinter stehen nicht nur Phrasen, die zum Lieblingsvokabular von Politikern gehören, sondern Maßnahmen, die eine intakte Umwelt, wirtschaftliches Wachstum und den sozialen Zusammenhalt kombinieren und langfristig sichern sollen. Der Rechnungshof hat sich nun angesehen, wie die Bundesländer Wien, Oberösterreich und Kärnten mit eben diesem Zukunftsthema umgehen.

Der vertrauliche Rohbericht, der der „Presse“ vorliegt, enthält ein streckenweise vernichtendes Urteil der Länderarbeit – vor allem der Arbeit der Kärntner Landesregierung unter der Führung des früheren Kärntner BZÖ, nunmehr FPK, vormals FPÖ. Wobei anzumerken ist, dass dieser Bericht noch vor dem Auftauchen des Hypo-Alpe-Adria-Desasters verfasst wurde.

• Planlosigkeit. In allen drei Ländern wurden in den vergangenen Jahren Konzepte erstellt, die eine nachhaltige Entwicklung des jeweiligen Bundeslandes vorgaben. Und trotzdem gab es zum Zeitpunkt der Prüfung keine eigenständige Nachhaltigkeitsstrategie, wie der Rechnungshof in dem Rohbericht festhält.

Negativtrends. Österreichweit sei es in vielen Bereichen noch nicht gelungen, die negativen Trends zu brechen (zum Beispiel beim Klimaschutz oder beim Ressourcenverbrauch), hält der Rechnungshof fest. Nachsatz: In Oberösterreich, Wien und Kärnten fehlt überhaupt ein eigenständiges System, mit dem der Fortschritt der Maßnahmen gemessen werden kann.

Auch kann nicht überprüft werden, welche Auswirkungen die Maßnahmen der Länder haben bzw. ob diese Maßnahmen positiv sind und „nachhaltige“ Projekte auf Schiene bringen. Trotzdem hat der Rechnungshof zumindest Ansätze (zum Beispiel das lokale Bürgerbeteiligungsprogramm Agenda 21) gefunden; allerdings in Oberösterreich und Wien, aber nicht in Kärnten.

• Machtlose Koordinatoren. Die Umsetzung des Themas „Nachhaltigkeit“ ist eine Querschnittsmaterie, die sich durch die gesamte Landesverwaltung zieht. Damit alle Abteilungen an einem Strang ziehen, wurde in den jeweiligen Ländern der Posten eines Koordinators geschaffen. Spannender als der Begriff „Nachhaltigkeitskoordinator“ sind dessen Kompetenzen: Sie müssen zu allen wichtigen Projekten zugezogen werden und prüfen, ob das jeweilige Projekt im Bereich Treibhausgase und Ressourcenverbrauch den Zielen des Landes entspricht.

Geprüft haben die Koordinatoren in der Praxis nie. Der Hauptgrund: Sie wurden zu den Projektsitzungen nie eingeladen, erhielten nicht einmal Informationen, wann und wo derartige Sitzungen stattfanden.

• Trägheit in Kärnten. Trotz der Hindernisse versuchten die Koordinatoren, mit zahlreichen Initiativen ihren Job zu erledigen und Akzente zu setzen. „Außer in Kärnten“, hält der Rechnungshof trocken fest – was durchaus an der finanziellen Situation des Landes liegen könnte.

• Geldmangel in Kärnten. Jedes Land stellte seinem Koordinator ein Budget für das Zukunftsthema „Nachhaltigkeit“ zur Verfügung: Oberösterreich machte eine Million Euro locker, Wien 740.000 Euro, Kärnten kratzte ganze 5000 Euro zusammen.

• Bürgerbeteiligung. „In Kärnten gab es seit 2004 keinen breiten, vom Land unterstützten Bürgerbeteiligungsprozess im Sinne einer lokalen Agenda 21 mehr. In Oberösterreich und Wien erhielten Gemeinden bzw. Bezirke bei der Durchführung dieser Prozesse sowohl finanzielle als auch organisatorische Unterstützung.

Da in Wien 2010 gewählt wird, kommen die heftigsten Reaktionen nun aus der Bundeshauptstadt. VP-Klubchef Matthias Tschirf: „Der gesamte Themenbereich ,Nachhaltigkeit‘ wird von der SPÖ nicht ernst genommen. Es gibt kein Gesamtkonzept und kein Indikatorensystem für Nachhaltigkeit.“ Nachsatz: „Das zeigt, dass die Stadtverwaltung gar nicht weiß, was Nachhaltigkeit eigentlich konkret bedeutet.“

AUF EINEN BLICK

Nachhaltigkeit – nach diesem Kriterium hat der Rechnungshof die Bundesländer Wien, Oberösterreich und Kärnten unter die Lupe genommen. Sein Urteil fällt negativ aus. Es fehle an wirksamen Strategien. Die eigens eingesetzten Koordinatoren seien machtlos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2010)

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