Pleite von britischem Bauriesen bringt Regierung in Erklärungsnot

AFP (DANIEL SORABJI)
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Der 43.000 Mitarbeiter zählende Baukonzern Carillion ist zahlungsunfähig. Die Zukunft Hunderter großer Bauprojekte ist damit ungewiss.

Der börsenotierte britische Baukonzern Carillion hat am Montag Insolvenz angemeldet. Carillion habe keine andere Wahl gehabt, teilte das Unternehmen mit. Letzte Verhandlungen mit Banken und Regierung zur Rettung des verschuldeten Konzerns waren zuvor gescheitert. Carillion beschäftigt weltweit rund 43.000 Menschen, 19.500 in Großbritannien.

Der Konzern baut viel für den Staat, etwa Schulen oder derzeit das Milliarden-Schienenprojekt High Speed Two. Die Regierung werde die notwendigen Mittel bereitstellen, um laufende öffentliche Projekte fortzusetzen, erklärte Carillion am Montag.

Carillion hat seit längerem Probleme, im Juli vergangenen Jahres gab der Konzern die erste einer Reihe von Gewinnwarnungen heraus. Der Aktienkurs ist seither um mehr als 90 Prozent gefallen. Die Regierung vergab dennoch weiterhin Aufträge an das Unternehmen.

Der Konzern ist außer in Großbritannien vor allem in Kanada und in Nahost aktiv. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 5,9 Milliarden Euro.

Pleite schiebt Konkurrenten an

Der Zusammenbruch des Konkurrenten Carillion gibt britischen Baukonzernen und Dienstleistern Auftrieb. Die Aktien von Serco, Kier, G4S, Interserve und Balfour Beatty stiegen deswegen am Montag um bis zu 5,2 Prozent. Letztere erreichten mit 311,7 Pence sogar ein Vier-Jahres-Hoch. Carillion-Papiere blieben zunächst vom Handel ausgesetzt.

Banken verweigerten dem mit umgerechnet 1,7 Milliarden Euro verschuldeten Traditionskonzern weitere Kredite und läuteten damit das Ende der 200 Jahre alten Firma ein. Carillion baut und betreibt für den Staat unter anderem Hospitäler, Gefängnisse, Verteidigungsanlagen und Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken. Aus diesem Grund springt die Regierung ein und zahlt die Gehälter derjenigen Carillion-Beschäftigten, die für eines der 450 öffentlichen Projekt arbeiten, weiter. Verzögerungen bei Aufträgen hatten den Konzern in Schieflage gebracht.

Opposition will Klarheit

Nach dem Zusammenbruch des britischen Baukonzerns Carillion am Montag gerät die britische Regierung unter Druck. Sie solle erklären, warum Minister neue Aufträge im Volumen von 1,3 Milliarden Pfund (1,46 Milliarden Euro) an das Unternehmen vergeben hätten, obwohl es bereits in ernsten finanziellen Schwierigkeiten gesteckt habe, forderte die Opposition. Carillion steht für eine der größten Firmenpleiten in Großbritannien. Die Zukunft Hunderter großer Bauprojekte ist damit ungewiss.

Laut Daten über Regierungsaufträge erhielt Carillion nach einer ersten Gewinnwarnung im Juli noch Verträge im Umfang von 1,3 Milliarden Pfund. Der Labour-Politiker Jon Trickett erklärte, schon seit sechs Monaten hätten alle Alarmglocken schrillen müssen. Die Regierung müsse nun offenlegen, ob sie ihren Kontrollpflichten nachgekommen sei. Nach Angaben von Verteidigungsminister Gavin Williamson wollte die Regierung wegen der Carillion-Pleite noch am Montag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

(APA/AFP)

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