EU-Kommission kritisiert Bevorzugung der ORF-Radios

(c) Clemens Fabry
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Österreichs Medienbehörde muss ihren Bericht über den Markt für terrestrische Radioübertragung überarbeiten. In Brüssel will man mehr Wettbewerb: In Österreich dominiert die ORF-Tochter ORS den Markt.

Werden die ORF-Radios von der Medienbehörde KommAustria bevorzugt? Und: Gibt es unter den Anbietern von terrestrischen Sendeanlagen für die Radioübertragung zu wenig Wettbewerb auf dem österreichischen Markt? Die EU-Kommission vermutet das – und hat im Notifizierungsverfahren ein Veto eingelegt: Die KommAustria prüft seit 2004 jedes Jahr, welche Kosten die ORS hat (sie ist der einzige Anbieter eines bundesweiten terrestrischen Sendernetzwerks in Österreich), ob die Preise, die sie verlangt, angemessen sind und ob einzelne Radiostationen bevorzugt oder benachteiligt werden. Jahrelang hat die EU-Kommission für diese Berichte grünes Licht gegeben – gegen den Bericht für 2017 legt sie sich nun aber quer. Brüssel gefällt nicht, dass der ORF von der Kostenkontrolle ausgenommen ist und nach Ansicht der Kommission „andere Preiskonditionen“ bekommt als konkurrierende Radiosender.

Die KommAustria will die Einwände „sehr ernsthaft prüfen“ und im Verlauf der nächsten sechs Monate einen neuen Vorschlag unterbreiten. Die EU hätte am liebsten, dass sich die KommAustria aus der Sa che völlig heraus hält: Brüssel hat 2007 den Wunsch deponiert, dass die Rundfunkübertragung nicht mehr von nationalen Stellen reguliert werden soll – Ziel ist mehr Wettbewerb. In Österreich ist die Wettbewerbssituation jedoch sehr speziell – und schwer zu ändern: Denn die ORS hat als praktisch einziger Dienstleister in dem Bereich die Macht über mehr als 90 Prozent des Marktes.

ORS: Private und ORF gleich behandeln

Der ORF ist zu 60 Prozent Eigentümer der ORS. Deshalb prüft die KommAustria auch die internen Verrechnungen zwischen ORF und ORS nicht – mit dem Argument, man müsse den ORF in diesem Fall nicht vor womöglich überhöhten Preisen seines Tochterunternehmens schützen. Die von der EU-Kommission in den Raum gestellte Bevorzugung der ORF-Radios wird durch ORS und KommAustria in Abrede gestellt: Die ORS sei gesetzlich verpflichtet, die Privatsender gleich zu behandeln wie den ORF.

Bei den Privatsendern freut man sich über den Sinneswandel der EU: „Aus unserer Sicht sind die zwischen ORS und ORF erbrachten Eigenleistungen natürlich in die Beurteilung des relevanten Marktes einzuschließen“, sagt Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Privatsenderverbandes VÖP. „Wir hoffen, dass sich dadurch die Zugangskonditionen für die Rundfunkverbreitung für private Rundfunkveranstalter im Verhältnis zum ORF verbessern wird.“ Der VÖP fordert, dass die ORF-Anteile an der ORS auf maximal 25 Prozent reduziert werden sollten. (i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2018)

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