Kinderzeitung

Die zurückgelassenen Kinder

Wang Fuman hat Glück, denn nicht alle Kinder in China haben warme Kleidung.
Wang Fuman hat Glück, denn nicht alle Kinder in China haben warme Kleidung.APA/AFP
  • Drucken

In China sind viele Kinder sehr arm. Oft gibt es nicht einmal genug Geld für eine warme Jacke. Die meisten leben auf dem Land.

Er trägt eine dünne Stoffjacke, seine Wangen sind rot, Haare und Wimpern sind mit einer Eisschicht überzogen: Als der achtjährige Wang Fuman in seiner Schule in der chinesischen Provinz Yunnan ankommt, ist der Lehrer so betroffen, dass er ein Foto des Buben macht (kleines Bild unten). Eine Stunde musste der Bub bei minus neun Grad durch den Schnee marschieren, er hat einen viereinhalb Kilometer langen Schulweg. Für warme Kleidung fehlt seiner Familie das Geld.

Damit ist nun Schluss. Das Bild von Wang ging um die ganze Welt. Frost Boy wird der Junge nun genannt – und sein Schicksal rührte viele Menschen, sie spendeten insgesamt 15.000 Euro an die Schule. Von dem Geld wurden warme Jacken, Handschuhe und andere notwendige Dinge für die Kinder gekauft. Auch ihre Ausbildung soll unterstützt werden. Dass das Leben von Wang Fuman nun einfacher wird, ist erfreulich. Allerdings gibt es in China sehr viele arme Kinder. Von den 1,38 Milliarden Chinesen gelten 43,3 Millionen als arm. Die meisten von ihnen leben auf dem Land. Denn Arbeit gibt es hauptsächlich in Städten. Da dort aber das Wohnen sehr teuer ist, lassen viele Chinesen ihre Kinder bei Großeltern, Geschwistern oder Verwandten zurück und ziehen allein in die nächste Stadt – um Geld für die Familie zu verdienen. Zurückgelassene Kinder werden sie genannt. Sie haben wenig Chancen auf eine gute Ausbildung. Denn bei ihrer Schullaufbahn sind sie auf sich gestellt – oft sind die Großeltern, bei denen sie aufwachsen, Analphabeten, sie können also weder lesen noch schreiben. Gerade für kleine Kinder ist es aber wichtig, dass sie Bücher vorgelesen bekommen und Spielsachen haben, die ihre Entwicklung fördern.

Ganz anders leben die Kinder in den Städten: Hier gibt es viele Eltern, die ihre Kinder zu Höchstleistungen anspornen – in der Schule, im Sport, in der Musik. Oft stecken sie ihr ganzes Geld in Nachhilfestunden und Förderkurse. Wissenschaftler sagen, dass dieses Stadt-Land-Gefälle noch zu einem großen Problem für China werde. Nur ein Viertel der Kinder lebt in den wohlhabenden Städten. Die anderen haben kaum die Möglichkeit, am wirtschaftlichen Aufschwung teilzunehmen. Und der Wirtschaft geht es gut: Sie wuchs 2017 viel schneller als die europäische. Wissenschaftler versuchen, Maßnahmen zu finden, um die zurückgelassenen Kinder zu fördern.

Wusstest du schon, dass . . .

. . . Erwachsene Fotos von Kindern nicht so einfach ins Internet stellen dürfen? In diesem Fall wollte der Schuldirektor allerdings auf einen Missstand hinweisen – und der Bub profitierte davon, dass sein Bild um die Welt ging.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.