"Der Fänger im Roggen": J.D. Salinger gestorben

(c) AP (Amy Sancetta)
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Sein Kultroman "Der Fänger im Roggen" machte ihn weltberühmt – und ließ ihn sich vor der Welt verstecken. Der US-Autor J.D. Salinger ist im Alter von 91 Jahren verstorben.

Das letzte Interview mit ihm stammt aus 1980, sein letztes Buch aus 1965, das praktisch einzige Foto aus 1951: Es wäre untertrieben, zu sagen, der US-Autor J. D. Salinger hat zurückgezogen gelebt. Verbarrikadiert hat er sich in einer Kleinstadt in New Hampshire, eine Mauer ums Haus gezogen, als Reporter ihn belagerten. Mit ihm dahinter: erst seine Frau Claire, mit der er zwei Kinder hat; zuletzt war er mit einer 30 Jahre jüngeren Frau verheiratet. Zeitlebens war er zeitweilig Anhänger alternativer Lebensweisen, von Fernöstlich-Spirituellem bis zu Scientology.

Als Neujahrskind 1919 – der Vater jüdisch-litauischer Abstammung, die Mutter schottisch-irische Katholikin –, wuchs Salinger in Manhattan auf. Nach Abschluss der Kadettenschule lebte er in Wien, vor Hitlers Einmarsch kehrte er in die USA zurück. Im II. Weltkrieg kämpfte er in Frankreich, wo er Kriegsberichterstatter Ernest Hemingway kennenlernte, der in ihm ein Talent sah; schon als Schüler hatte er zu schreiben begonnen.

In seiner Heimatstadt New York spielt Salingers einziger Roman, der sich ca. 60 Millionen mal verkaufte: „Der Fänger im Roggen“ (1951) dreht sich als erster Adoleszenz-Roman um den eben von der Schule geflogenen 16-jährigen Holden Caulfield, er streift durch die Großstadt, lernt Sex, Gewalt, Verlogenheit, Einsamkeit kennen. Noch heute gehen weltweit jedes Jahr mehr als 200.000 Exemplare über den Ladentisch.

Verbot und Lennon-Mord

Wenn mitten im konservativen Nachkriegs-Amerika ein Jugendbuch erscheint, in dem Hunderte Male das Wort "verdammt" und sogar ein paar Dutzend "Fuck" stehen, kann das kein normales Werk sein. Kein Wunder, dass "Der Fänger im Roggen" angefeindet und verpönt und zum Teil sogar verboten wurde. Ein Kultbuch wurde "The Catcher in the Rye" (Originaltitel) dennoch und es beeinflusste eine ganze Jugendgeneration - auf teils tragische Weise. Mark David Chapman, der 1980 John Lennon ermordete, behauptete, das Buch habe ihn dazu aufgefordert. Der Doppelmörder Charles Manson hatte ein Exemplar ebenso wie der Reagan-Attentäter John Hinckley und der Terrorist Theodore Kaczynski.

Salinger äußerte sich zu solchen Dingen kaum. Seit 57 Jahren lebte er abgeschirmt hinter hohen Zäunen in Cornish im stillen New Hampshire. Anfangs veröffentlichte er noch Kurzgeschichten, die letzte aber schon vor 45 Jahren. Zuletzt trat er vor einem halben Jahr in die Öffentlichkeit, als er eine Fortsetzung seines Romans verbieten ließ.

Schrieb nur mehr für sich

Seine Tochter Margaret schreibt in ihrem Buch "The Dream Catcher", der berühmte Vater sei sehr liebevoll, aber auch pathologisch selbstsüchtig gewesen. Sein Arbeits- und Schlafzimmer habe sie "vielleicht zweimal in meinem Leben" betreten dürfen. Zuletzt schrieb Salinger viel, doch nur für sich. Das, schreibt Margaret, habe an seiner Angst vor jeglicher Kritik gelegen.

Am Mittwoch ist Jerome David Salinger in seinem Haus in Cornish im Alter von 91 Jahren gestorben.

(Ag./trick)

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