Der "Burschenschafter-Ball" erregt die Gemüter. Prammer kritisiert Graf, die FPÖ attackiert Öllinger, Öllinger die Polizei.
Der Ball des Wiener Korporationsrings und die untersagte Demonstration dagegen am vergangenen Freitag sorgen für politische Nachwehen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) wirft ihrem Präsidiumskollegen Martin Graf (FPÖ) vor, zwecks Ballbesuch das Plenum geschwänzt zu haben. Die FPÖ attackiert den Grünen Abgeordneten Karl Öllinger, der sich zu den Demonstranten gesellt hatte und folglich ebenfalls ab dem frühen Abend nicht im Nationalratssitzungssaal zugegen war. Öllinger wiederum kündigt Rechtsmittel "notfalls bis zum Verfassungsgerichtshof" an, weil die Polizei die Demo untersagt habe und bei ihrem Vorgehen die Verhältnismäßigkeit der Mittel außer Acht gelassen habe.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky stellte per Aussendung zur Debatte, ob Öllinger durch seine Teilnahme an der Demonstration "an strafrechtlich relevanten Handlungen" beteiligt war. Die FPÖ will Details in einer parlamentarischen Anfrage erkunden. "Öllinger ist eine Schande für das Parlament und die Demokratie", weiß Vilimsky aber schon jetzt. Der Grüne habe dem Hohen Haus bereits "veritablen Schaden" zugefügt.
Öllinger wiederum erklärte per Aussendung, er habe sich zum Versammlungsort begeben, um den dort Anwesenden mitzuteilen, dass die Kundgebung untersagt war. Seiner Ansicht nach erfolgte das Demo-Verbot "aus fadenscheinigen Gründen", weswegen die Grünen "alle rechtlichen Mittel" ausschöpfen wollen. Der Polizei warf er einen "eskalierenden und provokanten" Einsatz vor. "Wer dann wann und wo von Seiten der Demonstranten Gewalt eingesetzt hat, ist unklar", so Öllinger.
Am frühen Freitagabend hatten sich mindestens 500 Demonstranten am Christian-Broda-Platz bei der Mariahilferstraße/Höhe Kaiserstraße versammelt. Sowohl eine Kundgebung beim Schauplatz des Balls, der Wiener Hofburg, als auch ein Demonstrationszug die Zweierlinie entlang waren zuvor polizeilich untersagt worden. Die Exekutive kesselte die Teilnehmer danach am Versammlungsort ein; im Laufe des Abends kam es zu 14 Festnahmen, mehrere Personen wurden verletzt, ein Einsatzwagen angezündet und ein Geschäftsportal beschädigt. Demoversuche in der Inneren Stadt zu späterer Stunde wurden von der Polizei mit weiteren Einsätzen quittiert.
Die Wiener Polizei hatte abschließend konstatiert, es sei gelungen, "die öffentliche Sicherheit in der Stadt zu schützen, Gesetzesübertretungen zu minimieren und die begangenen Delikte konsequent zu verfolgen". Anders sahen die Stellungnahmen der an der Kundgebung beteiligten Organisationen aus. Beklagt wurde "brutale Polizeigewalt", die unter anderem diverse Knochenbrüche als Folge gehabt habe, der Einsatz von Pfefferspray aus nächster Nähe und "konstruierte Vorwürfe" und Anzeigen.
(APA)