Mit dem Hearing der Bulgarin im EU-Parlament ist die neue Kommission endlich komplett.
Eine „zweite Wahl“ sieht anders aus, eine Verlegenheitslösung ebenso. Als Kristalina Georgiewa Mitte Jänner von der bulgarischen Regierung als Retterin in der EU-Kommissars-Not aus dem Hut gezaubert wurde, dachten sich viele: warum eigentlich nicht gleich? Warum hat Sofia zunächst Außenministerin Rumjana Schelewa ins Rennen geschickt, deren Erfahrung auf dem internationalen Parkett sich auf zwei Jahre als EU-Parlamentarierin und ein halbes Jahr als Außenministerin beschränkt, und deren Finanzverhältnisse unter Dubiositätsverdacht standen?
Nachdem Schelewa bei ihren Ex-Kollegen im EU-Parlament durchgefallen war, ging Premier Bojko Borissow auf Nummer sicher und nominierte mit der Weltbank-Vizedirektorin Georgiewa eine Kandidatin, deren Ablehnung schlicht undenkbar war. Ihr Hearing am Mittwoch verlief denn auch problemlos.
Auch wenn die in Sofia, London, und am renommierten Massachusetts Institute of Technology ausgebildete Ökonomin vielen Bulgaren bisher kaum bekannt war: Alleine ihre Karriere in der Weltbank flößt den Landsleuten Vertrauen ein. Vertrauen, das sie in ihre heimische, von Korruptionsskandalen geschüttelte Politkaste längst nicht mehr haben. Deshalb hat ihr Premier Borissow schon einmal ein Jobangebot gemacht: 2009 lehnte sie die Offerte, als seine Stellvertreterin nach Sofia zu kommen, aber ab. Für den Wechsel als Kommissarin für humanitäre Hilfe nach Brüssel hat sie nach eigenem Bekunden nur fünf Minuten Bedenkzeit gebraucht. hd
ZUR PERSON
Name: Kristalina Georgiewa
Geboren am: 13. 8. 1953 in Sofia
Karriere: seit 1993 bei der Weltbank, als Umweltexpertin, Direktorin für Ostasien und Russland, seit März 2008 Vizedirektorin. [EPA]
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2010)