Burschenschafter-Ball: Schwere Vorwürfe gegen Polizei

"Burschenschafter-Ball": Schwere Vorwürfe gegen Polizei(c) APA (Herbert P. Oczeret)
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Die Grünen erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Diese habe in der Mariahilfer Straße nicht nur Demonstranten, sondern auch zufällig anwesende Passanten und Touristen eingekesselt.

Wien. Die Demonstration gegen den Ball des Wiener Korporationsrings am vergangenen Freitag dürfte ein längeres Nachspiel haben. Die Grünen erhoben am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Diese habe in der Mariahilfer Straße nicht nur Demonstranten, sondern auch zufällig anwesende Passanten und Touristen eingekesselt. Personen, die wegen der aufgeheizten Stimmung in ein Lokal geflüchtet waren, seien auf engstem Raum von der Polizei eingesperrt worden. Anwälte würden gerade rechtliche Schritte gegen die Polizei prüfen, erklärte die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol.

Die von Grün-Politikern angemeldete Demonstration gegen den Burschenschafter-Ball in der Hofburg war wegen der geplanten Route behördlich untersagt worden. Davon hätten aber viele Demonstranten nichts gewusst, meinte der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger. Das Verbot sei kurzfristig verhängt worden. Auch die Durchsagen der Polizei, dass die Demonstration polizeilich aufgelöst werde, sei für viele nicht hörbar gewesen.

Die Polizei erklärte gegenüber der „Presse“, dass 673Personen eine Strafe wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz droht. 14Personen müssen sich wegen schwerer Vergehen (zum Beispiel Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung) verantworten. Ein Polizeiauto wurde von Demonstranten angezündet, mehrere Polizisten wurden verletzt.

Anzeigen auf beiden Seiten

Es gebe aber auch bereits drei Anzeigen gegen Polizisten, erklärte die Exekutive. Demonstranten gaben an, misshandelt worden zu sein. Diese Vorwürfe prüfe das „Büro für besondere Ermittlungen“. Klar dementiert wurde von der Polizei der Vorwurf, dass man alle anwesenden Personen eingekesselt habe. Überdies habe man deutlich kommuniziert, dass die Demonstration nicht genehmigt sei. Einige Personen wären aber in Cafés geflüchtet, um der Identitätsfeststellung zu entgehen. Hier habe man den Personen aber nur so lange den Ausgang verwehrt, bis diese ihre Identität preisgaben.

Die Grünen präsentierten Augenzeugenberichte, die die Lage ganz anders schildern. Demnach flüchteten Demonstranten aufgrund der unübersichtlichen Lage in Cafés. Die Polizei habe in einem rund zehn Quadratmeter großen Raum zwanzig bis dreißig unbescholtene Personen festgehalten. Die Situation der Zusammengepferchten sei so schlimm gewesen, dass diese auf ein Mitteilungsblatt die Worte „Brauchen Luft, Klos und Wasser“ schrieben. Die Polizei habe das aber ignoriert.

Die Grünen verlangen eine Erklärung von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). Eine parlamentarische Anfrage wird eingebracht. Überdies wollen die Grünen das Verbot ihrer Demo gerichtlich bekämpfen. Meinung, Seite 31

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2010)

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