Wissen schafft neue Werkstoffe

Materialwissenschaft. Neue Werkstoffe sind die Grundlage für technische Innovationen. Sie zu entwickeln und richtig einzusetzen erfordert Know-how aus den verschiedensten Fachbereichen von Physik, Chemie und Technik.

Akkus, die länger halten, Flugzeuge und Autos, die weniger verbrauchen, medizinische Implantate für mehr Lebensqualität – die Anwendungs- und Forschungsbereiche für neue, innovative Materialen scheinen praktisch unbegrenzt zu sein. Das Fachgebiet der Materialwissenschaften versteht sich im dritten Jahrtausend daher als Schlüsseldisziplin, die Lösungen für gesellschaftlich relevante Herausforderungen bereitstellt, insbesondere in den großen Zukunftsfeldern Energie, Klima- und Umweltschutz, Mobilität und Gesundheit.

„Die Materialwissenschaften bilden die Grundlage für technische Innovationen und zukunftsweisende Technologien“, bringt es Roland Würschum, Leiter des Instituts für Materialphysik an der TU Graz, auf den Punkt. Bei den aktuellen Masterstudienangeboten in Österreich lernen Studierende kleinste Bauelemente in ihrem Aufbau und ihrer Funktion zu verstehen. Vermittelt werden die physikalischen und chemischen Grundlagen sowie die ingenieurwissenschaftlichen Fertigkeiten für die Entwicklung neuartiger Werkstoffe. Das übergeordnete Ziel lautet, neue Materialien zu schaffen beziehungsweise bestehende zu verbessern, leichter, flexibler, billiger oder robuster zu machen.

An der TU Graz wird seit 2008 der Masterstudiengang Advanced Materials Science angeboten, aktuell als internationales englischsprachiges Nawi-Graz-Studium in Kooperation mit der Karl-Franzens-Universität Graz. „Wir haben den Fokus auf Funktionsmaterialien gelegt. Trends in den Materialwissenschaften folgend, wurde neben den Vertiefungsrichtungen Metalle und Keramiken und Halbleiter und Nanotechnologie vor einem Jahr mit Biobasierten Materialien noch eine weitere eingerichtet, die von den Studierenden übrigens sehr gut angenommen wird“, berichtet Studiendekan Wolfgang Sprengel. Der Master Materialwissenschaften versteht sich als aufbauender Masterstudiengang, der für Bachelorabsolventen der Fachrichtungen Physik, Chemie, Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Umweltsystemwissenschaften offen ist. Dementsprechend interdisziplinär ist das Studium angelegt.

Viele Fächer kombiniert

Nicht nur die Studierenden, auch die Lehrenden kommen aus unterschiedlichen Fakultäten wie Physik, Chemie und Maschinenbau. „Diese Kombination erweist sich für beide Seiten als fruchtbar, da damit die Atmosphäre des späteren Berufslebens, in dem Menschen mit unterschiedlichem Fachwissen an neuen gemeinsamen Zielen arbeiten, abgebildet wird“, sagt Sprengel.

Fakultätsübergreifend ist auch ein prägendes Merkmal des viersemestrigen Masterstudiums Materialwissenschaften an der TU Wien. Kombiniert werden unter anderem Inhalte aus Physik, Technischer Chemie und Bauingenieurwesen, Mathematik und Maschinenwesen bis hin zu Elektrotechnik und Informationstechnik. „Unser Studium zeichnet sich durch eine starke Grundlagenorientierung und eine große Breite aus, die viel Raum für Diversifizierungsmöglichkeit bietet“, sagt Studiendekan Helmut Leeb. Berufliche Möglichkeiten bieten sich für Absolventen insbesondere in der angewandten Forschung, etwa in den Bereichen Werkstoffbearbeitung, Modellierung technischer Systeme und technisch-wissenschaftliches Consulting. Vermittelt werden aber nicht bloß Fachkenntnisse, wie Leeb betont: „Die Studierenden lernen ebenfalls, gesellschaftliche und ökologische Aspekte neuer Werkstoffe zu beurteilen und zu berücksichtigen.“

Material- und Nanowissenschaften heißt das Masterstudium an der Universität Innsbruck. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Design, der Synthese und Analyse hoch entwickelter Materialien, mit besonderer Berücksichtigung von nanostrukturierten Materialien. „Der Einschluss der Nanowissenschaften und die starke Verankerung in den Grundlagenwissenschaften Chemie und Physik bedingen eine wechselseitige Ergänzung zur Ingenieursausbildung im Bereich der klassischen Werkstoffe“, betont Studienbeauftragter Benno Bildstein. Die vermittelten Kompetenzen sollen für berufliche Laufbahnen in zahlreichen Branchen befähigen. Die Palette reicht von der chemischen, pharmazeutischen und Halbleiterindustrie über Unternehmen der Metallerzeugung und -verarbeitung bis hin zu Lichttechnik und Optik, Energietechnik und Sensorik.

Sowohl in Salzburg als auch in München studieren jene, die sich für den Master Material Sciences entscheiden, der von der Paris-Lodron-Universität Salzburg gemeinsam mit der TU München angeboten wird. Während im ersten Semester in Salzburg eine Einführung in Funktionsmaterialien wie Halbleiter, Gläser oder Polymere stattfindet, stehen im zweiten Semester Strukturmaterialien (etwa Eisen, Stahloder Aluminium) im Fokus. Erst danach wählen die Studierenden einen Schwerpunkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.