Kärnten: Höchster Gipfel, höchste Pro-Kopf-Verschuldung

Lindwurm - Wahrzeichen von Kärntens Landeshauptstadt, Klagenfurt
Lindwurm - Wahrzeichen von Kärntens Landeshauptstadt, Klagenfurt(c) imago/Westend61
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Jahrzehntelang von der SPÖ regiert, wurde Kärnten danach zum "Haider-Land" und schrammte nur haarscharf an der Pleite vorbei.

Das südlichste Bundesland der Republik Österreich umfasst 9536 Quadratkilometer, auf denen 561.077 Menschen leben (Statisches Handbuch). Es ist das Land der Seen, Berge und des Singens, zwei Kärntner sind schon ein Chor, lautet ein Sprichwort. Jahrzehntelang von der SPÖ regiert, wurde es danach zum "Haider-Land" und schrammte nur haarscharf an der Pleite vorbei. Nun geht es wieder aufwärts.

Die Pro-Kopf-Verschuldung der Kärntner Bevölkerung lag 2016 laut Statistik Austria bei 7434 Euro, das ist bundesweiter Spitzenwert. Das Bruttoregionalprodukt erreichte 19,26 Milliarden Euro, das Land erwirtschaftet regelmäßig Außenhandelsüberschüsse, 2016 standen Ausfuhren in der Höhe von 6,99 Milliarden Importe von 6,01 Milliarden Euro gegenüber. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten lag vergangenes Jahr bei 210.251, die Zahl der Arbeitslosen sank auf knapp 24.000. Mit der Forschungsquote von 3,12 Prozent liegt das Land österreichweit am vierten Platz.

Industrie vor Tourismus

Das ist mit dem Villacher Standort des Halbleiterkonzerns Infineon geschuldet, der einer der größten Arbeitgeber Kärntens ist. Zu den Großbetrieben gehört auch das Mahle-Filterwerk in St. Michael ob Bleiburg, die Strabag, der Landesenergieversorger Kelag oder das Humanomed Zentrum in Althofen, das eine Reha-Klinik betreibt, aber auch die Treibacher Industrie AG, Flextronics oder die Kostwein Maschinenbau. Größter Arbeitgeber des Landes ist allerdings die Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft Kabeg mit mehr als 7000 Beschäftigten. Die Industrie prägt Kärnten stärker als es scheint, die volkswirtschaftlichen Effekte (inklusive kooperierender Dienstleistungen) machen 54 Prozent der Bruttowertschöpfung aus.

Der medial wesentlich präsentere Tourismus erreicht laut IHS inklusive Freizeitwirtschaft lediglich 15 Prozent. Der stärkste Industriezweig ist der Bereich Elektro/Elektronik, gefolgt vom Sektor Maschinen/Metallbau.

Hypo-Skandal weiterhin präsent

Beim Landesbudget macht sich der Hypo-Skandal deutlich bemerkbar. Mit dem Rechnungsabschluss 2016 stiegen die Landesschulden auf 4,2 Milliarden Euro, da man vom Bund 1,2 Milliarden für den Rückkauf der Heta-Haftungen ausborgen musste. Im Vorjahr sank der Schuldenstand wieder auf 3,75 Milliarden, bei einem Budgetvolumen von gut 2,2 Milliarden Euro.

Größte Stadt Kärntens ist Klagenfurt mit rund 100.000 Einwohnern, die Landeshauptstadt ist Verwaltungszentrum und Universitätsstadt. Neben dem Wahrzeichen, dem Lindwurm, ist vor allem der nahe Wörthersee weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Apropos: Kärnten weist 1270 stehende Gewässer auf. Das Land beherbergt mit dem 3798 Meter hohen Großglockner auch den höchsten Berg Österreichs, dortselbst befindet sich auch die Pasterze, der größte Gletscher der Alpenrepublik.

Im Land gibt es fast 1000 Kirchen, es gibt 336 katholische Pfarrkirchen und 650 Filialkirchen für insgesamt 367.860 Katholiken. Dazu kommen knapp 49.000 Evangelische, die in 33 Pfarren betreut werden.

Kärnten und die Slowenen

Die slowenische Volksgruppe ist auch so eine Besonderheit Kärntens. Nach dem Ersten Weltkrieg waren sie Grund für Gebietsansprüche Jugoslawiens auf Südkärnten, was Abwehrkampf und Volksabstimmung 1920 nach sich zog. Die Mehrheit votierte für Österreich, Kärnten blieb in seinen Grenzen von 1918. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Slowenen von den Nazis drangsaliert, Tausende deportiert; viele gingen in den Widerstand. Im Staatsvertrag von 1955 wurden ihnen Minderheitenrechte zugesichert, bis zu deren weitgehender Umsetzung dauerte es allerdings ein halbes Jahrhundert.

Der Anteil der Volksgruppe an der Gesamtbevölkerung ist in den vergangenen 100 Jahren stark zurückgegangen, ihre Sitten und Bräuche haben aber auch die deutschsprachige Bevölkerung geprägt. Stichworte: Reindling oder Kärntner Lied.

Das Land hat eine lebendige Kulturszene, die zahlreiche bedeutende Künstler hervorgebracht hat. Exemplarisch erwähnt seien die Literaten Peter Turrini, Peter Handke und Josef Winkler, die Jazzmusiker Wolfgang Puschnig und Karl-Heinz Miklin, die SchauspielerInnen Ruth Rieser und Max Müller, die Maler Valentin Oman und Hans Staudacher, die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Erst rote Dominanz, dann Haiders "Anything goes"

Und dann ist da noch die Politik. Jahrzehntelang regierte die SPÖ das Land mit absoluter Mehrheit, die erst im Jahr 1989 verloren ging. Damals kam der Freiheitliche Jörg Haider zum ersten Mal an die Macht, stolperte über seinen Sager zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik im Dritten Reich" und wurde vom ÖVP-Mann Christof Zernatto abgelöst. 1999 kehrte Haider zurück und regierte bis zu seinem Tod 2008, zumeist mit Unterstützung der ÖVP. Er installierte eine Eventkultur mit dem Prinzip "Anything goes", unterschrieb Milliardenhaftungen für die Hypo, die das Land schließlich beinahe in den Ruin führten.

Nach Haiders Unfalltod übernahm Gerhard Dörfler die Regierung, in seine Amtszeit fiel die Einigung bei den zweisprachigen Ortstafeln. 2013 wurden die Blauen abgewählt, mit Peter Kaiser übernahm wieder ein SPÖ-Politiker das Steuer. Die Hypo war inzwischen längst kollabiert, die Dreierkoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen war mit dem Aufräumen der Scherben ebenso dauerbeschäftigt wie das Landesgericht Klagenfurt mit der juristischen Aufarbeitung. Die Koalition gab dem Land aber auch eine moderne Verfassung und besiegelte so das Ende der Proporzregierung. In welchem Ausmaß das die Wählerschaft wem honorieren wird, das wird sich am 4. März weisen.

(APA)

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