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Gregor Käfer
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Organisation. Wie Mitarbeiter in hierarchiefreien und hierarchiereduzierten Unternehmen zu psychologischen Eigentümern werden können, beschreibt New-Work-Experte Christian Hauser.

Selbstorganisation, Holakratie, Soziokratie – die einen sehen neue hierarchiefreie bzw. -reduzierte Organisationsformen als Heilsbringer, die anderen halten sie für nicht praxistauglich. „Es geht um eine Entwicklung“, sagt Christian Hauser, um „Evolution und ein Reicherwerden“. Doch es zeige sich, dass Führungskräfte konventionellen hierarchischen Organisationsformen vielfach nicht mehr zutrauen, den komplexer und dynamischer werdenden Anforderungen gerecht zu werden.

Hauser, der in HR-Positionen u. a. für Samsung, Microsoft und Dell tätig war und heute Organisationsberater und New-Work-Experte bei BRAINS AND GAMES ist, analysierte den Nutzen für Unternehmen, Hierarchie zu reduzieren.

(c) ANDREAS RATH

Für Gründer und Geschäftsführer bringe es zeitliche und inhaltliche Flexibilität sowie persönliche Entlastung. Vielfältiger ist der Nutzen für Mitarbeiter: Neben freier Arbeitseinteilung sind es offene Gesprächskultur, mehr Vertrauen und Partizipation. Und für die Unternehmen: die Kompetenzen der Mitarbeiter besser einsetzen zu können, höhere Bindung und Loyalität der Mitarbeiter zu erzielen und sich besser und schneller auf Kunden einstellen zu können.

Acht Aspekte zeigten den Unterschied zu konventionellen Organisationsformen, sagt Hauser: Bisher manchen Hierarchiestufen vorbehaltene Daten (Kennzahlen, Gehälter etc.) für alle Mitarbeiter transparent zu machen, erhöht deren Handlungsbereitschaft.

Ebenso, sie an Entscheidungen teilhaben zu lassen – schließlich sind sie Experten für ihren Bereich. Das führt zu höherer Beteiligung. Vor allem, wenn das Gehaltssystem nachvollziehbar und transparent ist.

Selbstorganisierte Unternehmen bekennen sich zu Zielvereinbarungen. Sie wollen aber die Zielerreichung auf Teamebene incentivieren. Das Team reguliert auch die Beziehungen zwischen den Mitgliedern über impliziten Gruppendruck, ohne dass Führungskräfte eingreifen oder sanktionieren. Zudem wird das vertikale Feedback durch laterales Peer-Feedback abgelöst, das aber strukturiert werden muss. Und: Ohne Hierarchiestufen kein „Aufstieg“.

Karriere heißt, spannendere Aufgaben zu übernehmen und persönliche/fachliche Weiterentwicklung. Dahinter, so analysiert Hauser, stecken einige Wirkmechanismen, die hierarchiereduzierte Organisationsformen erfolgreich machen können:

► Etwa das sozio-moralische Klima:

Je mehr Mitarbeiter an operativen, taktischen und strategischen Entscheidungen partizipieren, desto eher zeigen sie gemeinwesenbezogene Wertorientierungen.

► Daneben zeigt sich psychologischen Eigentümerschaft.

Transparenz, Partizipation, Übernahme von Verantwortung und Beteiligung spielen dabei eine bedeutende Rolle. Psychologische Eigentümer erleben eine Sache, eine Organisation, eine Idee oder eine Tätigkeit als etwas „Eigenes“. „Das Individuum findet sich selbst wieder, und es wird Teil seiner Identität“, sagt Hauser. „Neue Organisationsformen ändern konventionelle Rahmenbedingungen und benötigen persönliches Wachstum ihrer Mitarbeiter.“

► Verwandt damit ist der psychologische Vertrag, der die wechselseitig wahrgenommenen Erwartungen und Verpflichtungen von Arbeitgebern und -nehmern über das arbeitsrechtliche Vertragsverhältnis hinaus beschreibt.

► Deshalb komme es auch zu einer Subjektivierung von Arbeit:

Mitarbeiter tragen mehr „Subjektives“ in die Arbeit hinein, gleichzeitig fordert die Arbeit immer mehr „Subjektives“ von den Mitarbeitern. Hier ist Vorsicht geboten, denn das kann auch in persönlicher Überforderung und Abgrenzungsschwierigkeiten münden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2018)

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