Grazer Start-up "Instahelp" will Europa erobern

Nach einer Erfolgreichen Expansion nach Deutschland will die Beratungsplattform "Instahelp" den britischen und französischen Markt erobern.

Die Internet-Plattform "Instahelp" mit Sitz in Graz, die seit Ende 2015 Coaching und Beratung durch Psychologen in Echtzeit online anbietet, will nach dem deutschen Markt nun auch nach Großbritannien und Frankreich expandieren. In der Schweiz ist das Tochterunternehmen der Up to Eleven GmbH seit wenigen Monaten vertreten.  Das Unternehmen, die Insta Communications GmbH, gilt als Start-up, das sich gerade am Markt etabliert. Im D-A-CH-Raum habe man sich laut eigenen Angaben zum größten Anbieter entwickelt. Sie bieten von Experten umstrittene Online-Beratung an: Kunden können anonym und niederschwellig via Chat oder Videotelefonie im Internet um Rat suchen und bekommen von sogenannten "Ersthelfern" innerhalb von Minuten Antworten. Sie vermitteln je nach Problemstellung an Gesundheits- oder klinische Psychologen weiter, die sich wiederum innerhalb von 24 Stunden um die Anliegen der Kunden kümmern. "Instahelp" will den Fokus der Beratung auf mentale Gesundheit, Beziehungsmanagement und die alltäglichen Herausforderungen in Beruf und Familie legen.

Für den Kunden sind die Beratungen der Psychologen - abgesehen vom Erstkontakt - kostenpflichtig, wobei sich die Ausgaben von 29 bis 69 Euro pro Woche erstrecken - je nach gewünschter Dauer der Beratung. Laut "Instahelp" können die Psychologen in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen helfen oder die Patienten motivieren, eine klassische Therapie aufzusuchen. Letztere ist gesetzlich nicht über das Internet erlaubt.

10.500 Kunden beraten

Im APA-Gespräch legte das Unternehmen Zahlen offen: Seit der Gründung im Dezember 2015 wurden rund 10.500 Kunden beraten, wobei mit 70 Prozent der Großteil auf 2017 fällt. Da "Instahelp" bereits jetzt 64 Prozent seiner Kunden aus Deutschland und "nur" 30 Prozent aus Österreich hat, will man nun auch noch in andere Länder expandieren. In der Schweiz begann das Geschäft Ende 2017 mit "großem Wachstum" (derzeit 6 Prozent der Kunden), für Großbritannien und Frankreich laufen gerade die Vorbereitungen für den Markteinstieg.

Besonders die Insel sei ein heiß umkämpfter Markt, auf den sich "Instahelp" noch gut vorbereiten wolle. Die jetzt schon starke Präsenz am deutschen Markt sei insbesondere auf die im Vergleich zu Österreich längeren Wartezeiten auf Psychotherapie im Nachbarland zurückzuführen, schilderte die neue Geschäftsführerin Bernadette Frech. Ihr zufolge habe sich gezeigt, dass die "Primetime" für das Schreiben von Nachrichten an Psychologen der "Instahelp" ab 17.00 Uhr ist - also jene Zeit, die außerhalb der klassischen Praxisstunden liegt.

Neben Textchat nutzen manche auch das Angebot der Online-Anrufe mit oder ohne Video. Alle Angebote sind mittels spezieller Verschlüsselung laut "Instahelp" sicher und völlig anonym. Etwa 70 Prozent der Anrufer verzichten zur Wahrung der Anonymität auf Video. Die drei häufigsten Beratungsthemen umfassen die Bereiche Partnerschaft, Lebensorientierung und depressive Verstimmung, so Frech. Zu den Kunden gehören auch große Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter kostenlos Accounts bei "Instahelp" zur Verfügung stellen: "Wir sehen da - ähnlich wie früher die Fitnessstudios in den Unternehmen - nun einen Trend hin zu Betriebs-Angeboten auch für psychische Gesundheit", meinte Frech.

Psycho-Therapeut weist auf Schwachstellen hin

Der Grazer Psycho-Therapeut Alexander Sadilek sieht die neuen Angebote im Internet "nicht prinzipiell negativ", er wies aber im Gespräch mit der APA auf einige kritisch zu betrachtende Aspekte hin. Er sei überzeugt, dass die Psychologen von "Instahelp" qualitativ gute Arbeit leisten, doch er erkannte "Grauzonen", die abgeklärt gehören. So müsste noch deutlicher darauf hingewiesen werden, dass die Online-Beratung nicht für akute Krisen oder psychische Erkrankungen wie schwere Depressionen geeignet ist. Wer sich im Gesundheitsbereich in ethischen Rahmenbedingungen bewege, müsse außerdem die Gesundheit des Patienten im Fokus haben. Die Motivation dürfe nicht der finanzielle Erfolg sein.

Dass bei den Online-Beratungen meist auf "Face-to-Face"-Situationen verzichtet wird, sieht der Experte skeptisch: Um zu spüren, wie es einer Person geht, müsse man sie sehen: "Therapie lebt vom Beziehungsaspekt" zwischen Therapeut und Patient. Zudem sei die Grenze zwischen Beratung und Therapie fließend. Die geringe Hemmschwelle etwa bei "Instahelp" erkennt er überwiegend als Vorteil, doch es fördere auch das "Einigeln" von Menschen, die ohnehin schon wenig echte soziale Kontakte haben und vorwiegend über das Internet kommunizieren.

Die Insta Communications GmbH gehört zu 100 Prozent der Up to Eleven Digital Solutions GmbH, die unter anderem den sms.at-Gründer Martin und Jürgen Pansy sowie den Investoren Toto Wolff und Rene Berger gehört. Die Nuki Home Solutions GmbH, die smarte Türschlösser anbietet, gehört ebenfalls mehrheitlich Up to Eleven.

(APA)

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